Ich lese hier schon sehr lange mit, genau genommen, habe ich 2018 hier reingelesen, und dann bis heute eine Pause gemacht. Ich habe wohl alle Geschichten durchgelesen und auch ganz, ganz viele Forumsbeiträge mit Schrecken, Entsetzen, Staunen, Bewunderung für die starken Frauen, die ihr alle seid, Angst und Zweifeln verfolgt.
Der Grund dafür war, dass ich selber 2018 mit einem Araber zusammen kam und deswegen (leider? Zum Glück?) die typischen, westeuropäischen Gedanken in mir hatte, die mir sagten: Achtung, aufgepasst, hier könnte es gefährlich werden. Letztendlich habe ich aber doch auf mein Bauchgefühl gehört und mich eingelassen.
Zu allererst möchte ich sagen, dass ich wirklich den grössten Respekt habe für alle Frauen, die erfolgreich aus einer Bezness-Beziehung herausgekommen sind und es irgendwie geschafft haben, in ihr eigenes Leben zurück zu finden. Ich möchte auf gar, gar keinen Fall irgendeine der vielen schlimmen Erfahrungen, die hier gemacht wurden, bagatellisieren. Ich möchte auch niemanden «umpolen» oder mich selber «wichtig machen», sondern ich würde gerne einfach meine Erfahrungen schildern, um euch vielleicht ein bisschen Hoffnung und Mut zu machen und den Glauben zu nehmen, dass ausnahmslos alle orientalischen Männer uns westlichen Frauen nur als Mittel zum Zweck sehen.
Gerne möchte ich daher meine Geschichte mit euch teilen.
Ich, Schweizerin, damals 26 Jahre alt, war im Jahr 2018 gerade wegen eines Stipendiums in Berlin. Ich habe dort zu dem Zeitpunkt bereits seit einem Jahr gelebt, als ich A* aus Lybien, 28 J., über Tinder kennen lernte. (Dazu muss ich sagen: mir ist ausgefallen, dass ich hier bei 1001 keine einzige Geschichte gefunden habe, in der ein Lybier beteiligt war, obwohl das Land ja eigentlich, zwischen Ägypten, Tunesien und Algerien liegend, ein idealer «Brennpunkt» sein könnte.)
Ich fand ihn attraktiv, aber nicht umwerfend, mir gefielen sein Profiltext, seine Fotos. Wir schrieben etwas hin und her und schliesslich fragte er mich eines Morgens spontan, ob ich mit ihm frühstücken gehen wolle. Ich sagte, das ginge nicht, weil ich arbeiten musste, und schlug ihm stattdessen vor, dass wir uns zum Abendessen trafen. (Er war zu dem Zeitpunkt gerade mal seit wenigen Wochen in Berlin, er war mit einem Visum aus Bengasi eingereist, also nicht als Asylbewerber oder Flüchtender und hatte somit keine Arbeit).
Wir trafen uns am Leopoldplatz und das erste, das er zu mir sagte, war: «You look tired.» Heute muss ich darüber lachen, damals dachte ich: okay, sehr charmant xD
Wir gingen dann eine Pizza essen und anschliessend in eine Bar. Er bezahlte für alles (eigentlich ist das rückblickend total unwichtig für mich), und wir hatten lockere, coole Gespräche. Er erzählte mir schon an diesem Abend in scherzhaftem Tonfall, dass er, weil er unbedingt in Europa bleiben wolle, Angebote gechecked habe von Frauen, die Scheinehen anböten, was ihn etwa 20'000 Euro kosten würde.
Ich musste über seine Ehrlichkeit lachen, konnte das aber tatsächlich verstehen, denn die Situation in seiner Heimatstadt war mehr als horrend (früher von ISIS beherrscht, Häuser zerstört, keine Zukunftsperspektive), ich wäre da auch um jeden Preis abgehauen, wenn ich gekonnt hätte. Jedenfalls brachte er mich dann irgendwann nach Hause, ohne irgendwelche Annäherungsversuche zu machen, was ich super fand, weil doch die meisten Typen, die ich vorher gedatet hatte, mindestens versucht hatten, mich vor der Haustür zu küssen, wenn nicht mehr.
Wir verabredeten uns weitere 3 Male, immer in ähnlichem Rahmen, jedes Mal dasselbe: ein paar Drinks, gute Gespräche, er brachte mich nach Hause.
Irgendwann, beim 4. Date oder so, fand dann unser 1. Kuss statt. Ich gestand ihm, dass ich meiner besten Freundin von ihm erzählt hatte (was für mich ein recht grosser Schritt ist), er gestand mir verlegen, dass er seiner Mutter von mir erzählt hatte.
An diesem Abend lud er mich zu sich nach Hause ein, wo wir dann auch das erste Mal miteinander schliefen. Es war wirklich sehr schön. Kurze Zeit später sagte er mir bereits, dass er mich liebte, und ich muss sagen: ja, ich hatte mich auch verliebt.
Und so kam es, dass wir 4 Monate später heirateten. Wir hatten es vor allem aus dem Grund eilig, dass sein Visum ablief und er wieder zurück nach Lybien gemusst hätte, wenn wir nicht geheiratet hätten, und das wollten wir natürlich beide nicht. Bis zur Hochzeit war es eine sehr stressige Zeit für uns, in der wir haufenweise komplizierten Papierkram erledigen mussten, aber dadurch wuchsen wir auch zu einem dynamischen Team zusammen.
Der Hochzeitstag war unspektakulär, aber cool: wir heirateten in Dänemark, verbanden das Ganze mit einem Kurzurlaub in Dänemark und Kiel. (Er bezahlte übrigens alles, obwohl er ja nichts verdiente im Gegensatz zu mir, er lieh sich das Geld von Familie und Freunden).
Ich muss wohl nicht erwähnen, dass meine Familie und meine Freunde alle versuchten, mich davon zu überzeugen, noch zu warten mit der Hochzeit, bis auf meine beste Freundin. Meine Eltern (die geschieden sind) hatten meinen Mann aber beide schon kennen gelernt, auch meine Freunde, und alle fanden ihn sympathisch. Gross war der Protest aber nicht, in meinem Umfeld wissen sowieso alle, dass ich auf mein eigenes Gefühl höre und mein «eigenes Ding» mache.
Tja, und so kam es, dass wir wenige Monate später gemeinsam zurück in meine Heimat, die Schweiz, zogen. Grund dafür war, dass sowohl in seiner WG als auch in meiner Probleme gab mit den Vermietern, die willkürlich die Preise hochschraubten, und weil wir fanden, dass für die Familienplanung eine etwas weniger hektische Stadt als Berlin etwas besser passt.
Ich musste natürlich sofort einen Job finden, damit ich den Familiennachzug beantragen konnte (damals wurde uns gesagt, ich müsse nachweisen können, dass ich finanziell für meinen Ehemann aufkommen kann, inzwischen scheint dieses Gesetz nicht mehr so strikt zu sein…) also bewarb ich mich, wo ich konnte, und fand schliesslich einen ziemlichen Sch*-Job in einem Callcenter, aber immerhin: Geld.
Ca. 1 Jahr lang ging ich dort arbeiten, während mein Mann ein wenig Deutsch lernte und derweil verzweifelt versuchte, einen Job zu finden. In dieser Zeit war ich von morgens früh bis abends spät arbeiten und mein Mann blieb zuhause. Es war für ihn keine leichte Zeit, für mich auch nicht, aber wir hatten es trotzdem schön zusammen, unternahmen viel wenn ich frei hatte, ich stellte ihn meinem gesamten Freundeskreis vor, wir machten Urlaub, waren glücklich. Dann erlitt ich jedoch Anfang April 2020 ein Burnout und konnte nicht mehr zur Arbeit (diese 10h pro Tag am Telefon mit nonstop Calls waren einfach zuviel für mich). Weil ich 2x hintereinander für 5 Tage krank war, wurde mir gekündigt. (Das ist zwar aus arbeitsrechtlicher Sicht eine Frechheit, aber ich war einfach nur erleichtert, denn ich konnte nicht mehr).
Mein Mann war ebenfalls ernorm erleichtert und froh darüber, denn es hatte ihn fertig gemacht, wie fertig ich immer von der Arbeit nach Hause kam, und obwohl ich sehr glücklich war, dort weg zu sein, hatte ich auch Angst, wie es nun weitergehen würde, wir hatten schliesslich Rechnungen zu zahlen (in diesem Jahr hatte selbstredend ich Miete & Co.übernommen. Mein Mann hatte zwar hie und da Gelegenheitsjobs gemacht, aber die brachten uns natürlich auch nicht über die Runden).
Und dann fand mein Mann zum Glück schicksalhaft genau 1 Monat nach meiner Kündigung endlich eine Vollzeitstelle. Ab diesem Zeitpunkt kehrten sich die Rollen um: Mein Mann ging arbeiten und ich blieb mehrheitlich zuhause. Da zu dieser Zeit Corona ja gerade so richtig losging, fühlte ich mich dabei nicht ganz so schlecht, schliesslich war ich die einzige, die etwas zu viel Zeit auf der Couch verbringt

Mein Mann trinkt wenig Alkohol, isst kein Schwein und hat früher, als ich ihn kennenlernte, noch morgens gebetet, inzwischen macht er das nicht mehr. Seine Familie (drei Schwestern, ein Bruder und seine Mutter, Vater starb, als er 14 war) kenne ich bislang nur von Videochats, da sie alle auf der ganzen Welt verteilt sind und wir ja dank der Pandemie nicht wirklich reisen konnten. Ich habe zu allen ein sehr freundschaftliches Verhältnis. Sein Bruder ist inzwischen auch verheiratet, mit einer Frau aus der Slowakei, mit der ich mich ebenfalls sehr gut verstehe.
Mein Mann hat ein sehr gutes Verhältnis zu meinen Eltern. Als mein Vater krank wurde, ist mein Mann jeden Abend nach der Arbeit bei ihm vorbeigefahren, um ihm zu helfen, hat für ihn Arbeiten und Einkäufe erledigt, usw. Meiner Mutter hat er ihr Auto repariert (wofür sie eigentlich 1000 Franken hätte zahlen müssen, er hat sowas früher gelernt), zudem hat mein Mann ein Auto für uns gekauft und Paragliding-Ausrüstung (sein grosses Hobby, zu meiner Verzweiflung ☹) und spricht inzwischen ziemlich ansehnlich ein süsses Kauderwelsch aus Deutsch und Schweizerdeutsch.
Seit August habe ich auch wieder eine Arbeit, nun arbeiten wir also beide mehr oder weniger Vollzeit. Fazit? Ich habe bis jetzt nichts Schlechtes zu berichten. Ich liebe meinen Mann und er mich offensichtlich auch. Wir küssen uns jeden Tag, haben regelmässig Sex, führen mal tiefere, mal weniger tiefe Gespräche, lachen zusammen, blödeln zusammen, weinen zusammen. Da ich aber etwas abergläubisch bin und Angst davor habe, Dinge zu verschreien (nach dem Motto: nach dem Hochmut kommt der Fall) möchte ich hier ganz klar NICHT sagen, dass ich das Gefühl habe, vor jeglichen Enttäuschungen in Sicherheit zu sein. Ich kann mir auch gut vorstellen, dass er eine andere Frau geheiratet hätte, wenn er vor mir eine kennen gelernt hätte, die ihm einigermassen gefällt und die ihn will, vielleicht war es am Ende auch für ihn ein «Glückstreffer», dass er in mir nicht nur ein «Ticket» fürs Hierbleiben fand, sondern auch eines für eine schöne Beziehung.
NATÜRLICH gibt es hie und da kulturelle Differenzen, aber ehrlich gesagt finde ich das grossartig, denn ich mag es, über andere Kulturen zu lernen und meinen Horizont zu erweitern. Dennoch ist es natürlich unabdingbar, dass man gegenseitig Respekt voreinander hat und den andern zu nichts zwingt. So würde ich zB nie auf die Idee kommen, meinen Mann dazu zu drängen, mit mir in eine Disco zu gehen. Er will das einfach nicht, für ihn ist es falsch. Umgekehrt würde er mich niemals daran hindern, am Strand einen Bikini zu tragen, obwohl er da ganz anders sozialisiert wurde.
Mein Mann hat im Laufe seiner Zeit hier einen andern Lybier kennen gelernt, der ebenfalls seit 7 Jahren happy ist mit seiner Schweizer Frau, sie haben auch eine niedliche kleine Tochter zusammen. Die beiden sind toll zusammen, ich mag beide.
Am Ende des Tages möchte ich euch mit diesem Bericht wirklich nur ans Herz legen, nicht den Glauben zu verlieren. Bleibt wachsam und hört auf euer Bauchgefühl. Aber: es gibt auch gute Araber da draussen. Vielleicht mal in die Gebiete gucken, die nicht so touristisch sind

Aber dies ist mein Leben und ich habe so gehandelt, und manchmal wird man für seinen Übermut auch belohnt.
(Wie gesagt, ich möchte mit meiner Story niemandem zu nahe treten. Ich verstehe, wenn jemand das Vertrauen in gewisse Menschen verliert aufgrund von teilweise sehr traumatischen Erfahrungen. Ihr dürft mich auch gern für meine Naivität kritisieren. Und wer weiss, vllt werde ich ja doch veräppelt und merke es nicht

PS: Was ich auch noch loswerden wollte: ich habe hier viele Beiträge gelesen, die sehr harsch klingen und in denen Muslime sehr stark verurteilt werden. Hätte ich mich hier 2018 angemeldet und von meiner beginnenden Liebe erzählt, ich bin sicher, ich wäre «drunter gekommen» und hätte vermutlich Horrorgeschichten gehört. Sicher ist es richtig, vorsichtig zu sein, und ja, der Islam IST besonders, ABER inzwischen gibt es auch in Algerien, Marokko, Ägypten usw. moderne junge Menschen, die sich westliche Medien konsumieren und verstehen, dass nicht alles so ist, wie man es ihnen beigebracht hat. Viele wollen gerade aus dem Grund wirklich weg aus ihrer Heimat – weil es ihnen dort zu eng und rückständig ist. Das ist meine persönliche Erfahrung (nicht nur mit meinem Mann), klar habe ich auch schon viele Negativbeispiele gesehen, aber es überwiegen die positiven (auch, als ich an einer Deutschschule arbeitete in Berlin, in der mehrheitlich junge Syrer waren).
Was viele hier offenbar auch nicht wissen: gläubigen männlichen (!) Moslems ist es sehr wohl gestattet, Christinnen zu heiraten, umgekehrt geht es einfach nicht (eine Muslima darf keinen Christen heiraten). Das ist zwar unfair, aber es ist so. Und auch kleinere Altersunterschiede sind längst nicht mehr überall ein rotes Tuch. Wie gesagt, es kommt immer auch etwas auf den Bildungsstand und die Erziehung an, aber ich glaube daran, dass Menschen Neues lernen können, wie zB., dass es gar kein Jungfernhäutchen gibt
