ich bin Deutscher (52), katholisch, geschieden, aus der Ehe (mit einer Deutschen) zwei erwachsene leibliche Töchter und einen erwachsenen Stiefsohn (Halb-Italiener, ca. 30). Ich bin promovierter Akademiker und als Beamter im höheren Dienst tätig. Allerdings habe ich ein sehr südländisches Aussehen, da in meinem Familienbaum eine südamerikanisch-spanische Großmutter ist, nach der ich sehr komme.
Ich führe es auf mein Aussehen zurück, dass meine Partnerschaftserfahrungen überwiegend aus Südländerinnen oder Frauen, die auf Südländer stehen, bestehen: Deutsch-Italienerinnen, Deutsch-Türkinnen, deutsche Frauen, die schon häufiger etwas mit Italienern, Türken hatten, eine Chilenin, eine Engländerin, die zwar auf Männer mit südländischem Aussehen, aber ohne südländisches Gebahren steht (witty girl

Nun bin ich seit einem Jahr solo und suche seit ca. einem halben Jahr wieder eine Beziehung und habe mich unglücklich in wohl ein Bezness-Opfer verliebt:
* Sie schrieb mich auf Parship an. Wir wohnen beide in Hamburg. Sie ist Französin (54), lebt allerdings schon seit mehr als 25 Jahren in Hamburg. Sie hat zwei 15-jährige Kinder, die bei ihr wohnen. Sie ist alleinerziehend und freiberuflich als Sprachlehrerin in der Erwachsenenbildung tätig. Über Parship schrieb sie mir, sie suche etwas Seriöses, den Mann, um mit ihm den Rest ihres Lebens zu verbringen.
* Der schriftliche Austausch lief gut. Ich konnte mein Volkshochschulkurs-Französisch anbringen. Man vereinbarte alsbald ein zwangloses Date auf einen Kaffee.
* So traf ich sie denn. Sie sieht sehr gut aus, wirkt eher wie Mitte 40, denn wie ihr reales Alter (Mitte 50). Hat sehr gute Umgangsformen und spielt was Stil und Geschmack anbetrifft mindestens eine Liga höher als der Durchschnitt der auch schon mondänen Frauen in ihrem Hamburger Szene-Stadtteil. Sie stammt aus dem französischen Großbürgertum Zentralfrankreichs. Ihr Name deutet sogar daraufhin, dass sie adliger Abstammung ist, was sie aber abstreitet. Allerdings haben ihre Kinder typisch adlige Vornamen. Ihr gefiel auch mein Stil. Ich bin Träger klassischer Anzüge und müpfel nicht nach Boss Bottled oder irgendeiner anderen zeistgeistigen Chemie-Soße, sondern trage Guerlain Habit Rouge (aus 1965, übrigens der Signaturduft von Keith Richards). Sie trägt Guerlain Mitsouko (1919) und hält alle neueren Parfums für verzichtbar. Es war auch sehr schnell eine starke Anziehung spürbar. Die Kommunikation lief wie am Schnürchen. Sie hamburgert sogar im Deutschen. 2,5 Stunden beim ersten Date waren weg als ob es nur 5 Minuten gewesen wären.
* Ihre erste Ehe war eine Kinder-Ehe in Frankreich mit einem geringfügig älteren (19 vs. 25) Deutschen, dessentwegen sie seinerzeit nach Deutschland gekommen ist. Ihre zweite Ehe war ebenfalls mit einem Deutschen, der der Vater ihrer Kinder ist. Allerdings hat dieser sie während der Schwangerschaft betrogen und auch verlassen.
* Und jetzt kommt's: Ihre dritte Ehe, in der sie nun dauernd getrennt lebend ist, ist mit einem 20 Jahre jüngeren Tunesier! Als sie das erzählte, habe ich im Hinterkopf einen red flag darauf gesetzt, wie ich es immer mache, wenn ich bei Dates Unstimmigkeiten oder Problemfelder wittere. Von ihr war ich allerdings so begeistert, dass ich das sogleich wieder verdrängt habe.
* Ich war hin und weg und habe mich im weiteren nur noch auf sie fokussiert. Mein Parship-Profil hatte ich auf unsichtbar gestellt, damit keine weiteren Zuschriften kamen. Bestehende weitere Kontakte habe ich verabschiedet.
* Es folgte ein 2. Date diesmal in einem Restaurant. Anziehung und Kommunikation waren wieder top und haben sich noch intensiviert. Sie sagte ad hoc sie fühle sich allein durch meine Gegenwart unglaublich wohl und entspannt. Das schien die richtige Gelegenheit, ihr mitzuteilen, dass ich nur noch sie date. Ihre Reaktion für eine Sekunde Begeisterung und dann - wieder red flag-würdig! - dreht sie den Kopf zur Seite und hat belastet ausgeatmet. Ich habe den neuerlichen red flag wieder verdrängt.
* 3. Date: Sie lädt mich zu sich nach Hause ein, kocht für uns beide. Die Kommunikation läuft wieder sehr gut. Allerdings redet sie ständig über Berufliches oder Politik, testet mein Französisch aus. Das Gespräch mäandert nahezu endlos und wird nicht emotional. Das kenne ich so nicht. In aller Regel, sind die Frauen, die mich wollen, schneller damit als ich selbst, den Austausch zu emotionalisieren. Ich bin da eher etwas zu verkopft. Hier ist es umgekehrt. Nächster red flag. Ich versuche es damit zu erklären, dass sie aufgrund des Betrugs während der Schwangerschaft durch ihren damaligen Ehemann besonders vorsichtig ist. Tatsächlich zeigt sie auch Verhaltensweisen wie eine Ex von mir mit ähnlichem Trauma: sie merkt sich ad hoc alle Termine, die ich habe, und alle Details aus meinem Leben, die ich berichte.
* Ich ziehe den Abend nun auf die emotionale Ebene und es funktioniert ein Stück weit. Wir erzählen uns intime Geschichten, knutschen und liegen uns in Armen. Sie zeigt mir schließlich alle Zimmer ihrer Wohnung, so auch das Schlafzimmer. Das Doppelbett ist mit Bettzeug für zwei ausstafffiert. Ich bin mir sicher, gleich mit ihr in der Kiste zu landen. Aber weit gefehlt! Zu meiner völligen Überraschung sagt sie, sie sei noch nicht so weit. Red flag! Das kenne ich so nicht. Bei einer derart starken Anziehung bin ich mit den Frauen spätestens beim 2. Date im Bett.
* Stattdessen wird wieder geredet. Ich erzähle, dass ich Jahre gebraucht habe, die Trennung von meiner seinerzeitigen Ehefrau schlussendlich zu machen. Wir hatten lange Zeit eine On-and-off-Beziehung. Da sagt sie, sie habe mit ihrem Tunesier das gleiche Problem. Ich meine, der sei doch aber wohl in Tunesien. Nein, er sei in Deutschland und zwar im Nachbarstadtteil. Sie habe ihn ja geheiratet, damit er eine Aufenthaltserlaubnis bekomme. Zur Scheidung müsse sie dann wohl noch mal einen Tag nach Tunesien. Sie habe immer versucht, ihn stärker bei ihr zu halten, aber ... dann bricht ihr der Satz ab. Red flag!
* Am nächsten Tag fing ich innerlich an, die Sache abzuschreiben. Die innere Stimme, die für Manöverkritik zuständig ist, deklamierte die ganzen red flags rauf und runter. Das hätte ich auch durchgezogen, wären da ihre Whatsapp-Nachrichten nicht plötzlich deutlich häufiger und vor allem emotionaler geworden. Sie will alsbald ein weiteres Date auf einem Weihnachtsmarkt. Sie wirkt etwas hektisch und aufgeregt, hat diesmal nicht soviel Zeit. Sie berichtet von Schul- und Drogenproblem des Sohnes. Wirkt authentisch - kein red flag. Krakauer, Glühwein mit Amaretto, Umarmungen und sehr intensive Küsse. Dann fragt sie plötzlich, ich habe doch keine Probleme, mir ginge es doch gut. Das nachdem wir die Problematik des Sohnes schon durchgesprochen hatte. Es schien also noch weitere Problemfelder zu geben. Sie bleibt nebulös. Red flag. Sie fängt dennoch an, Pläne für die gemeinsame nähere Zukunft zu machen. Ich soll sie zu einer Vernissage begleiten, dann kann sie mich ihrem Umfeld vorstellen. Gut! Sie ist schon mit einer Freundin zur Sylvesterparty im Sowieso gebucht. Ich soll mir auch noch schnell eine Karte besorgen. Mache ich! Ich bin beruflich demnächst in Düsseldorf und hänge ein verlängertes Wochenende dort dran. Ob sie dazustoßen wolle? Sie ist begeistert und sagt zu.
* Nun glaubte ich schlussendlich gewonnen zu haben. Auf dem Weihnachtsmarkt hat sich allerdings wiederholt, was schon bei den anderen Dates vorher der Fall war: Sie war immer knapp mit Bargeld und ich habe immer bezahlt. Das waren zwar nur Kleckerbeträge. Im Online-Dating begegnen einem häufig gold digger, so wirkt sie aber definitiv nicht. Red flag. Mir fiel auch auf, dass sie oft über ihre zu schlechte Bezahlung jammerte. Nach überschlägiger Rechnung ist Wochenarbeitszeit und Stundensatz als Freiberuflerin, was mir inzwischen alles bekannt war, schien mir ihr Einkommen gut. Die Familie ist auch reich (Großbürgertum) und sie bekommt alle Nas' lang von der französischen Oma Urlaube finanziert. Mailand über Weihnachten zu Shopping, eine Woche Kuba nach Neujahr zum Aufwärmen. Sie wohnt in einem Szene-Stadtteil im repräsentativen Altbau und fährt einen BMW. Da kann man doch nicht übers Geld jammern ... red flag.
* Es wird ein weiteres Date diesmal bei mir zuhause verabredet für ein paar Tage später. Ich bin bis über beide Ohren verliebt. Zeitgleich hält meine innere Stimme für Manöverkritik die schlimmsten Anklagereden. Ich erlebe ein inneres Gefühlschaos.
* Am Vorabend des bei mir avisierten Dates (mittlerweile das 5.) wird die Kommunikation plötzlich zäh und reißt ohne erkennbaren Grund ab. Ich folge der inneren Manöverkritik und halte die Füße still. Auch am Tag selbst ist bis zum frühen Nachmittag absolute Funkstille. Die innere Manöverkritik hat mein Verdammungsurteil schon ausformuliert. Da kommt eine Whatsapp von ihr. Sie könne nicht zu mir kommen. Sie habe eine Blockade. Sie dachte es könne etwas werden mit uns, jetzt wisse sie aber "ganz genau" (auf deutsch), dass dem nicht so sei. Sie bittet mich um Verzeihung. Ich frage nach, es sei unschwer zu erraten, dass ihr Tunesier die Blockade sei. Sie bestätigt das. Sie sei von ihm "emotional und mental" (auch auf deutsch) noch nicht losgekommen.
* Mich treibt mein Liebeskummer auf Google. Ich kannte inzwischen den Vornamen des Tunesiers. Google weiß alles und in Kombination mit ihrem Vor- und Zunamen ist die Trefferliste ergiebig. Sie ist seit 14 Monaten wohl zwar dauernd getrennt lebend. Die beiden treten aber seitdem auch öffentlich auf; so zB einem französisch-deutschen Ball. Er ist tatsächlich Mitte 30, wirkt aber zumindest auf den Fotos wie ein 25-jähriges jungerwachsenes Gör. Er war in Tunesien Animateur in einem Hotel-Ressort und hat sich jetzt offenbar in Deutschland so weit etabliert, dass er in einem binationalen Kindergarten sogar eine Leitungsfunktion ausfüllt. Meine innere Manöverkritik mutmaßt, dass er "meine" Französin nur noch als "deuxième bureau" (fuck buddy) benutzt und sie im Online-Dating unterwegs ist, um den Weißen Ritter kennenzulernen, der sie aus dieser emotionalen Verstrickung befreien kann. Sie hat ihre Hausaufgaben nicht gemacht und instrumentalisiert so zwangsläufig Dritte.
Warum ich Euch das alle schreibe. Gute Frage! Um es emotional aufzuarbeiten.
Ich hatte 2011 schon einmal eine Beziehung mit einer Frau, die einen merkwürdigen Hang zu allem Arabischen hatte (Musik, Essen, Urlaubspläne). Das war bei ihr seinerzeit aber nur abstrakt. Als ich von ihrer Arabistik-Duselei hinreichend genervt war und sie erkennen musste, dass ich kein "Habibi" (der Ausdruck begegnete mir damals erstmalig), sondern alleräußerstenfalls ein Corazon bin, ging es schnell auseinander.
Mein halb-italienischer Stiefsohn (30) mit ebenfalls deutlich südländischem Aussehen macht auch schon ähnliche Erfahrungen. Es gibt einen gewissen Typus Frauen, die den Araber in ihm suchen, der er nicht ist.
Beste Grüße
Andreas