Multi-Kulti-Tanz-Welten- trügerische Ideale ?

Erfahrungsaustausch von Angehörigen, wie Eltern, Kinder und Ehemänner von Betroffenen. Auch Freunde & Bekannte kommen hier zu Wort.

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steckchen
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Re: Multi-Kulti-Tanz-Welten- trügerische Ideale ?

Beitrag von steckchen » 16.07.2010, 10:33

Amaretta hat geschrieben:
Steckchen hat geschrieben:
Hallo Amaretta,
dieses Post hat mich jetzt wieder umgehauen. Ich glaube, es gibt so einige Menschen, die nicht direkt von Bezness betroffen sind, und die ähnliches erlebt haben wir Du. Ich habe zwar Arabistik studiert, aber habe mich da eigentlich nie so richtig zu Hause gefühlt, wie ich das anfangs gerne wollte.
Hallo, Steckchen
Könntest du genauer beschreiben, was du mit dem Wunsch nach "sich zu Hause fühlen" meintest? Was hast dir vorgestellt, was war dein Ziel ?
Hallo Amarette,

ich hatte Arabistik studiert, weil ich aus meiner Herkunftskultur ausbrechen wollte, weil ich mir zu diesem Zeitpunkt mit einem Deutschen keine Beziehung vorstellen konnte. Denn ich war erstens von der Schule traumatisiert, wo ich viel gemobbt wurde und zweitens gefielen mir die deutschen Männer auch nicht so gut wie die Araber, die auch meist gut angezogen, frisiert und gelaunt waren. Und sie waren immer in Gruppen unterwegs und mein Unterbewußtsein sagte mir damals: 'Wenn Du in so eine Gruppe gerätst, dann kann Dir gar nichts mehr passieren.' Ich hatte mir gewünscht, während des Studiums in eine Gruppe von Gleichgesinnten zu kommen, mit denen ich über all das reden konnte, was ich mit Arabern erlebt hatte oder gerne erleben wollte. Mit denen ich auch mal was außerhalb des Studiums erleben könnte, auch mal gemeinsam in diese Länder fahren. Und ich hätte damals auch gerne einen netten Araber kennengelernt. Aber all dies ist nicht passiert, weil es eine informelle Einteilung der Studenten gibt als da wären:

1. Nichtmuslimische, zumeist deutsche Frauen, die mit Arabern liiert sind
2. Frauen, die zum Islam konvertiert sind, wegen einem Typen oder auch aus Sinnsuche (die waren meist älter und, verzeiht, auch
etwas spinnert)
3. Die Abenteurer (alles Männer)
4. Gebürtige Araber, die sich einfach ein einfaches Studium suchten, wo sie der King waren und nicht so viel lernen mußten, weil sie die Sprache ja schon konnten (zumindest einen Dialekt)

Da ich zu keiner dieser Gruppen gehörte, war ich für diese Studenten kein passender Umgang. Dadurch fehlten mir auch bestimmte Informationen und einfach das soziale Netzwerk, welches man zum Studieren meiner Meinung nach unbedingt braucht. Heutzutage lege ich auf so eine Rudelzugehörigkeit keinen Wert mehr, weil ich festgestellt habe, daß ich es eigentlich nie gebraucht habe. Ich gehöre eher zu denen, die viele Bekannte oder Freunde haben, die weit voneinander wegwohnen bzw. sich nicht kennen, als daß ich mich in einem engen Dunstkreis bewege, wo jeder jeden kennt und beobachtet.
Amaretta hat geschrieben:
Steckchen hat geschrieben: Du schriebst, vielleicht könntest Du irgendwann einmal die Bezness-Erlebnisse und das Tanzen wieder trennen. Aber genau diese Verführung ist es ja, diese Deine Animation, die viele Frauen in die Armen von Beznessern treibt, ohne daß du das eigentlich wolltest, aber vielfach erleben mußtest.
So habe ich das noch nie gesehen, das ich irgend jemand in die Arme von Beznessern getrieben haben könnte. Darüber habe ich jetzt länger grübeln müssen, ob ich mich an irgendjemand erinnere, der durch mich in so etwas reingezogen oder angezogen wurde. Der Großteil der Leute (die beschriebenen Fälle und die Schüler/Gäste) hatte dieses Interesse an orientalischer und/oder cubanischer Musik vorher schon, unabhängig von meiner Person. Was die Frauen betrifft, die meine paar Workshops, die ich dann und wann gab, besuchten, war mein Ziel für mich klar. Ich wollte ihnen helfen, ein Körpergefühl zu entwickeln, Haltung, einen aufrechten (stolzen) Gang, eine Bewusstheit für Weiblichkeit. Da liegt bei vielen so viel brach, und das aufzubrechen und ans Licht zu holen mittels Tanz und mit Spaß lag mir am Herzen.
Ja, das ist klar, daß Du das nicht wolltest. Ich dachte auch eher an diese Deine Zeilen:
Amaretta hat geschrieben:Multi-Kulti stand in Frage, lang vorher schon, das war der Tropfen, der das Fass der Zweifel zum Überlaufen brachte. Die Liebe zu Musik und Tanz, das Streben nach Verbindung verschiedenster Menschen und Herkunft, das Leben einer Art Mittlerin zwischen Kulturen wurde von der Realität endgültig überrollt....Wir verschmolzen die Kulturen, die eigentlich so verschieden sind, zu einem multikulturellen Spaß.
Für viele Frauen war euer schönes Tanzen aber nicht nur Spaß, sondern gleichzeitig eine verlockende Verheißung, die letztendlich für einige zu einer eine verhängnisvollen Falle wurde. Es trifft ja auch nicht auf alle Frauen zu, Aber die Frauen, die es betrifft, werden Dir häufig auch nie genau gesagt haben, was ihre wirklichen Beweggründe für eine Kursanmeldung waren, ob es wirklich nur das Entdecken von Körpergefühl war, oder etwas anderes. Dafür schämen sich viele zu sehr. Auch wenn die Frauen dieses Interesse schon vor der Begegnung mit Dir hatten, verkörpertest Du für sie erfolgreiches Multikulti. Und sie wollten davon etwas abhaben, eintauchen in diese Welt, um ihrem bisherigen trostlosen Dasein zu entfliehen. Und eventuell durch gute Tanzschritte ihren Traummann aus einer bestimmten Kultur besser auf sich aumerksam machen zu können.
Amaretta hat geschrieben: Mit dem Trennen-Können von Bezness und den entsprechenden Kulturen meinte die Freundin etwas anderes...ich war ja extrem runter mit den Nerven und habe allerhand bösartige Äusserungen von mir gegeben über Araber, Türken und Cubaner,
...Das Wieder-Trennen ist eher so gemeint, die schlechten Begebenheiten, die Untaten der Männer und Frauen und die Musik, Tanz, Kultur und die anständigen Männer und Frauen nicht in einem Topf zu verrühren und wütend alles abzulehnen, ohne Gutes von Schlechtem trennen zu können....Der Punkt ist allerdings schwierig: Jeder ausländische Mensch, dem ich begegne, sei es nur daran vorbeilaufen oder in einem Cafe sitzen, löst in meinem Hirn den Satz aus "Und wie bist DU hierhergekommen?!? Hast DU auch dafür gelogen und betrogen?!?"
Ja, dieses Gefühl kenne ich nur zu gut. Und auch wenn ich bi-nationale Paare sehe, dann denke ich immer: Liebt er sie wirklich? Und bei einigen kann ich auf den ersten Blick sagen: Nein, tut er nicht. :x
Amaretta hat geschrieben:
Steckchen hat geschrieben: Ich habe nun mit meinen Referaten und Islam- und Arabistikstudien niemanden verführt oder unglücklich gemacht. Aber ich hatte das Gefühl, daß diese Kultur irgendwie mein Denken und Fühlen vergiftet.
Das ist interessant... auf welche Weise vergiftet? Womöglich habe ich ähnliche Gedanken dazu.
Es war so, daß man mit bei meinem Kuwaitaufenthalt bestimmte Sachen erklärt hatte, z.B. daß die Frau im Taxi immer hinten sitzt oder, daß man Männern nie zu viel von sich erzählen soll. Da Kuwait ein kleines Land ist, muß man noch mehr darauf achten, weil sich viel zu viele Leute untereinander kennen. Man sitzt also permanent im Glashaus. Einmal hatte ich mit einer omanischen Freundin ein Interview auf dem Markt zu führen. Sie wurde von einem Mann nach ihrem Namen gefragt. Sie antwortete mit einem falschen Namen. Da habe ich sie gefragt, wieso sie das macht. Sie meinte, daß es Selbstschutz sei. Mann könne ihre Familie über diesen Kontakt mit einem fremden Mann informieren und sie habe davor Angst. Und später habe auch ich gelogen. Als mich ein Kuwaiti zu einem Kaffee einlud und nach meinem Wohnort in Kuwait fragte. Ich hatte im Gespräch herausgefunden, daß er in derselben Firma arbeitete wie ein kuwaitischer Mann, den ich gut kannte. Ich wollte vor diesem Mann nicht als schlechte Frau dastehen. Aber wahrscheinlich hat es mir nichts genützt. Er rief nie wieder an. Hatte den Unbekannten wahrscheinlich auf mich angesetzt, um mich zu testen. Ich fand später heraus, daß die Mitarbeiter seiner Firma alle an demselben Ort abhingen, wenn sie Feierabend hatten. Das hätte ich vorher wissen sollen.

Es ist einfach so: Weil es so viele Verbote gab und so viele ungeschriebene Regeln, die einem das Atmen schier abschnüren, muß man lügen und verschleiern, um einigermaßen unbehelligt (über)leben zu können. Sonst fragen sie (die Araber und andere Muslime) einen tot mit immer bohrenderen unverschämteren Fragen und das zielt letztlich auf Vernichtung ab, auch wenn es mit einem freundlichen Lächeln geschieht. Diese Leute haben häufig nicht gelernt, sich sinnvoll und erfüllend zu beschäftigen, dafür haben sie viel Freizeit, die sie nutzen, um Intrigen zu spinnen, andere ins Unglück zu stürzen, weil sie selbst nie gelernt haben, glücklich zu werden, mit Partner oder ohne. Genau aus diesem Grund wollen übrigens z.B. bestimmte Saudis im Urlaub auch nicht auf andere Saudis treffen, weil sie im Urlaub nämlich genau dieser sozialen Kontrolle ihrer frustrierten Landsleute entfliehen wollen.

Ich hoffe, ich konnte Deine Fragen einigermaßen ausführlich beantworten.

LG
Steckchen
Die Liebe vernachlässigt diejenigen am meisten, die ihrer am meisten bedürfen.
(Madame de Rosemonde im Film: Gefährliche Liebschaften (Regie: Stephen Frears) 1988

Amaretta
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Re: Multi-Kulti-Tanz-Welten- trügerische Ideale ?

Beitrag von Amaretta » 18.07.2010, 17:04

Danke für deine Antwort.
Da ich, wie bereits per PN geschrieben, derzeit nicht dazu komme, den Faden weiterzuspinnen,
hier nur kurz youtube Clips.
Dich zog es nach Richtung Arabien, mich innerhalb Europas gen tiefen Süden, nach Apulien.
Die Gründe mögen wohl ähnlich gewesen sein.

Dancing music - Italian dancing music Uccio Aloisi Gruppu
http://www.youtube.com/watch?v=AeSMPi9u ... re=related
Die Zwischenrufe der Musiker machen diese Art Musik für mich noch reizvoller.
Das umeinander tanzende Paar symbolisiert für mich etwas:
Sie sind eindeutig Mann und Frau, die tanzend flirten, sich zeigen, sich anziehen, entweichen, sich wieder annähern.
Die Schritte sind sehr einfach, es ist das spielerische, ungezwungene und gleichzeitig bewusste, das den beiden
ihre Schönheit verleiht.

Video Puglia - Musica Pugliese - Lu Primo Amore - Italian Music
http://www.youtube.com/watch?v=0I6dzvOxIF8
Das Lied ist im Dialekt der Region gesungen, es heisst "Die erste Liebe".
Wer "echtes" Italienisch gelernt hat, wird Schwierigkeiten mit dem Verstehen haben, aber darauf kommt es nicht an. :wink:

Das nur so zwischendrin bis zum nächsten "echten" Beitrag.

LG Amaretta

steckchen
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Re: Multi-Kulti-Tanz-Welten- trügerische Ideale ?

Beitrag von steckchen » 23.08.2010, 18:19

Amaretta hat geschrieben:"Es gibt Leute, die wollen "aus ihrem Kulturkreis ausbrechen", obwohl sie ihn noch gar nicht betreten haben." Ich sammele seit meinem vierzehnten Lebensjahr Zeitschriften und Bücher vergangener Jahrzehnte. Beispiel:Ein Lehrer, der eine Sechzehnjährige vor den Mitschülern als reaktionäre Spinnerin beschimpft,
mich vor der Klasse niedermacht. In dem Alter, unsicher, pubertierend, suchend: Qual."
(Sammlung enthält 1925- 60erJahre, nicht umwerfend viel, aber tolle Schätze)... Ich bin nicht zurückgewichen und habe meine unzeitgemäßen Ansichten und Vorlieben
weiter gepflegt, ja teilweise sogar auf die Spitze getrieben. Nach dem Motto "Jetzt erst recht!"
Der Preis dafür war eine Phase der Einsamkeit, des Alleinsseins, des Verlustes der "Freundinnen" in der Schule.
Hätte ich den Schritt zurück gemacht und mich dem angepasst, was alle hören, anziehen und lesen, hätte ich mich selbst verleugnet.
Liebe Amaretta,

ich kopiere dieses Zitat von Dir einfach mal in Deinen Thread hinein, weil ich finde, daß es dorthin gehört und ich auch dazu etwas zu sagen habe.

Bei mir war es in der Schule nämlich ähnlich. Nun gab es in der damaligen DDR diese Zeitschriften und Bücher vergangener Jahrzehnte nicht zu kaufen, von denen Du schreibst. Aber ich hatte immer das Gefühl, daß diese Gesellschaft, die mich bereits in früher Kindheit ablehnte, irgendwie faul ist. Unsere Siedlung war direkt neben einem russischen Kasernengelände. Wir kamen immer gut mit den russischen Soldaten aus, aber irgendwann fragte ich mich, wieso die meisten Staaten dieser Welt glücklich ohne fremde Truppen leben können nur die sozialistische und fortschrittliche DDR und die superreiche BRD nicht und noch ein paar Bananenrepubliken in übrigen Welt?

Da wenig Schüler mit mir zu tun haben wollten, warum, erfuhr ich übrigens nie, hatte ich mich in bestimmte Wissenschaftsbücher vergraben, habe mich mit Pilzen beschäftigt, die Hauptstädte der Welt auswendig gelernt, geometrische Körper aus Strohhalmen gebastelt. Alldies erschien meiner Grundschullehrerin suspekt, die meinte, meine Eltern würden dieses Wissen in mich hineinstopfen. Und damals begann ich, Bücher über alle möglichen Länder und Kulturen zu lesen. Die Länder wechselten von Zeit zu Zeit und als ich dann mit 14 in die Pubertät kam, da war ich zufällig bei den arabischen Ländern gelandet und fing an, mir Gedanken über arabische Männer zu machen, die ja so viel freundlicher, adretter, kameradschaftlicher erschienen als die Leute, die ich in meiner Schulklasse kennengelernt hatte.

Ich dachte, wenn diese Leute hier nach Deutschland kommen, dann sind sie doch sicherlich an unserem Fortschritt und unserer Kultur interessiert und schätzen mich als Mensch. Ich fing mit 16 Jahren an, arabisch zu lernen. Wieder so ein Trugschluß von mir, glaubte ich doch in meiner Verblendung, mir mit Fleiß Sympathie und Wertschätzung erkaufen zu können, geradeso, wie manche kleinen Kinder an andere Bonbons verteilen, mit dem Zweck, Freundschaften herzustellen. Nur um später resigniert feststellen zu müssen, daß von den Männern, von denen ich träumte, andere Frauen bevorzugt worden. Frauen, die einen niedrigeren Bildungsabschluß hatten als ich, kein Arabisch sprachen, noch nicht einmal besonders hübsch waren.

Aber ich hatte ein Trauma, daß ich deutschen Männern nicht trauen konnte. Ich sah in jedem deutschen Mann den Schläger oder Spötter, der mir in der Schule das Leben zur Hölle gemacht hatte. Deswegen kann ich auch jeden Armenier verstehen, der keine Türkin heiraten kann, jeden Juden, der Deutschen gegenüber vorsichtig ist. Bei jedem Zugunglück, bei jedem Hauseinsturz, wenn irgendein korruptes Regime besiegt wurde, gibt es Behörden, die an die Opfer Entschädigungen zahlen und ihnen Genugtuung verschaffen können. Für die Leute, die Opfer von allgemeinem Mobbing wurden, gibt es so eine Stelle nicht. Da müssen sich die Opfer meist selbst um sich kümmern, obgleich ihre Wunden viel tiefer gehen als die Wunden, die durch klar von außen hereinbrechende Ereignisse hervorgerufen wurden und jegliche Schuldfrage von vornherein erübrigen.

Es hat fast zwei Jahrzehnte gedauert, bis ich es fertigbrachte, mein Beuteschema zu ändern und zu erkennen, daß ich in den falschen Kreisen um Sympathie gebuhlt hatte. Daß es überall auf der Welt Menschen gibt, die einen wertschätzen und verstehen. Daß das nicht immer die Meinungsführer, die Brillierer, die Schönsten, die Beliebtesten sind. Und vor allem nicht nur Araber:) Wie ich das geschafft habe? Nun, ich habe einfach einen Schalter umgelegt, habe beschlossen, denen, die ich bisher aus Selbstschutz übersehen hatte, eine Chance zu geben. Weil jeder Mensch positive Seiten hat, die sich zu entdecken lohnt. Deswegen fand ich damals den Film "Schwer verliebt" mit Gwynneth Paltrow so gut. http://de.wikipedia.org/wiki/Schwer_verliebt Ich begriff emotional, daß ich die vielbeschworenen "Inneren Werte" auch und gerade in Deutschland schneller finden kann, als in fernen Landen. Aber daß man diese inneren Werte suchen muß, da sie sich nicht gleich und offensichtlich präsentieren. Und ich lernte, daß die Personen, die zu viel von diesen inneren Werten reden, meist auf ganz andere Sachen hinauswollen. :?

LG
Steckchen
Die Liebe vernachlässigt diejenigen am meisten, die ihrer am meisten bedürfen.
(Madame de Rosemonde im Film: Gefährliche Liebschaften (Regie: Stephen Frears) 1988

Ines

Re: Multi-Kulti-Tanz-Welten- trügerische Ideale ?

Beitrag von Ines » 23.08.2010, 18:51

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Und ich lernte, daß die Personen, die zu viel von diesen inneren Werten reden, meist auf ganz andere Sachen hinauswollen.
Liebes Steckchen!
Du weißt ja, bin zum Zitieren zu blöde, aber der letzte Satz von Deinem tollen Beitrag, den würde ich doch gerne näher "beleuchten" wollen, denn ich bin eine von den Personen, die von den inneren Werten spricht und auch so meint, egal in welchen Bereichen. Worauf wollen diese Personen hinaus z.B.?

LG Ines

Ines

Re: Multi-Kulti-Tanz-Welten- trügerische Ideale ?

Beitrag von Ines » 24.08.2010, 00:27

Liebes Steckchen!Habe gerade 2 Dinge entdeckt,1.Ich habe es aus Versehen geschafft,zu Zitieren u.muß jetzt lachen.2.Wir haben in etwa dieselbe Vergangenheit. Mobbing,Bossing sind Dinge,die es immer und vor allem überall,selbst in der virtuellen Welt gibt\gab,man mag das kaum glauben.Ich habe Bossing zu DDR-Zeiten erlebt,weil ich es gewagt hatte,nicht in die Partei einzutreten und ich noch dazu gesagt habe,ich bin nicht überzeugt.In Staatsbürgerkunde hatte ich immer ne 4,ich war nicht linientreu und dann hab ich mal nen Aufsatz über Umweltverschmutzung in der DDR geschrieben,ich bekam ne 1,weil es eine Lehrerin gab,die mutig war.Meine Eltern u.Oma sind viel gereist,alles,was möglich war,haben wir bereist,so war ich immer mit anderen Kulturen konfrontiert,habe dann auch noch 7Jahre mit Kubanern, Polen u.Vietnamesen gearbeitet.Dadurch bin ich ganz sicher multi-kulti-geprägt worden und letztendlich bei meinem türk.Liebling gelandet.LG für Dich besonders

Elisa
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Re: Multi-Kulti-Tanz-Welten- trügerische Ideale ?

Beitrag von Elisa » 24.08.2010, 07:28

Steckchen, ich denke Du redest von Mitgefühl, Fürsorge, Gerechtigkeit etc., wenn Du von inneren Werten sprichst.

Man muss einen Menschen kennenlernen, um seine Werte zu erkennen. Aber Du weisst auch,dass die Medaille zwei Seiten hat. Jemand, der ehrlich seine Meinung sagt, wird auch Dinge sagen, die Dir nicht gefallen.

Aber inzwischen bilde ich mir ein, manche Menschen schon auf den ersten Blick zu erkennen.

Was Kulturen angeht, so denke ich, kann ein Miteinander nur funktionieren, wenn die gleichen Wertvorstellungen vorhanden sind. Überhaupt schon mal die gleiche Bedeutung von Begriffen wie Liebe, Lüge, Wahrheit usw. gültig ist. Da gibt es schon individuelle Differenzen, die das Zusammenleben ganz schön schwer machen können, aber wenn jemand ganz was anderes darunter versteht wie Du, ist eigentlich ein Zusammenkommen nicht möglich.

LG Elisa

Ines

Re: Multi-Kulti-Tanz-Welten- trügerische Ideale ?

Beitrag von Ines » 24.08.2010, 08:50

Guten morgen Elisa!
Ja, ich bin nun selbst darauf gekommen. Und der Beitrag von Steckchen war sehr schön, da ich mich an meine Jugendzeit erinnern konnte, also an die Zeit vor der Wende. Und die Erziehung prägt auch immer das weitere Leben.
Auch wie gastlich, tolerant, höflich etc. man ist. In diesen Belangen hab ich Gott esi Dank eine gute Erziehung genossen und gebe das an meinen Sohn weiter.
Und natürlich kommen die Erfahrungen, die man macht im Leben noch hinzu. Das alles prägt einen Menschen. Und unhöfliches Benehmen, das gibt es überall, egal welche Nationalität. Viele Deutsche schmeißen einem auch die Tür vor der Nase zu. Der deutsche Busfahrer fährt ab, obwohl man abgehetzt die Bustür noch erreicht hat und davor steht, fährt er ab, alles schon passiert.
Aber es gibt eben auch andere Menschen.

LG Ines

Amaretta
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Re: Multi-Kulti-Tanz-Welten- trügerische Ideale ?

Beitrag von Amaretta » 24.08.2010, 12:22

steckchen hat geschrieben:
Amaretta hat geschrieben:"Es gibt Leute, die wollen "aus ihrem Kulturkreis ausbrechen", obwohl sie ihn noch gar nicht betreten haben."
Ich sammele seit meinem vierzehnten Lebensjahr Zeitschriften und Bücher vergangener Jahrzehnte.
Beispiel:Ein Lehrer, der eine Sechzehnjährige vor den Mitschülern als reaktionäre Spinnerin beschimpft,
mich vor der Klasse niedermacht. In dem Alter, unsicher, pubertierend, suchend: Qual."
(Sammlung enthält 1925- 60erJahre, nicht umwerfend viel, aber tolle Schätze)... Ich bin nicht zurückgewichen und habe meine unzeitgemäßen
Ansichten und Vorlieben
weiter gepflegt, ja teilweise sogar auf die Spitze getrieben. Nach dem Motto "Jetzt erst recht!"
Der Preis dafür war eine Phase der Einsamkeit, des Alleinsseins, des Verlustes der "Freundinnen" in der Schule.
Hätte ich den Schritt zurück gemacht und mich dem angepasst, was alle hören, anziehen und lesen, hätte ich mich selbst verleugnet.
Liebe Amaretta,

ich kopiere dieses Zitat von Dir einfach mal in Deinen Thread hinein, weil ich finde, daß es dorthin gehört und ich auch dazu etwas zu sagen habe.

Bei mir war es in der Schule nämlich ähnlich. Nun gab es in der damaligen DDR diese Zeitschriften und Bücher vergangener Jahrzehnte nicht zu kaufen,
von denen Du schreibst. Aber ich hatte immer das Gefühl, daß diese Gesellschaft, die mich bereits in früher Kindheit ablehnte, irgendwie faul ist.

Da wenig Schüler mit mir zu tun haben wollten, warum, erfuhr ich übrigens nie, hatte ich...(...)

LG
Steckchen
Hallo, Steckchen
Danke für deine Ausführungen.
Ich wollte dir gestern schon antworten, auch auf deine PN, habe es wieder verworfen, war nicht zufrieden,
da vieles sich ja auch auf Beiträge im "Schwarzafrika-Strang" bezieht, und zeitlich ist es auch oft eng.
Ich kann nachvollziehen was du meinst und beschreibst.
Alleine dazustehen, weil man andere Vorlieben hat, die nur die wenigsten verstehen oder gar teilen,
ist alles, besser kann alles sein von "ein bißchen traurig" bis "zerstörerisch".
Es kann aber auch stark machen.

Oder, wie du beschrieben hast, man wendet sich "falschen Götzen" zu.

Ich setze dir ein Stück Text ein, das ich ursprünglich im Schwarzafrika Strang posten wollte, das habe dann verworfen,
es ging zu sehr off-topic.
_________________________________________________________________________________________________________
Hi, Steckchen und alle.
Ich flüchtete zu Beginn der Jugendzeit nicht in andere Kulturen. Ich suchte unsere eigene, und reiste in der Zeit zurück,
in ein Jahrzehnt das mir mehr zu bieten schien. Meinen ganz persönlichen Schnitt machte ich 1962.
Ich stand da ernsthaft und sagte: "Mir kommt nichts mehr an den Körper und in die Ohren, was nach 1962 produziert wurde
oder stilmäßig dahinter liegt". Selber 1964 geboren, ist das witzig, nicht wahr?"
Denk mal an Fotos und Filme, wie sahen die Frauen und Männer in den 70ern, Endsiebzigern aus, was gab es für Musik?
Wieviele Tanzschulen siechten dahin und starben?
Und da kam ich daher: Sommers im Petticoat mit Pferdeschwanz, Taftschleife im Haar,Blusen mit Stickerei,
Schlaghosen hasste ich und saß mit 15 da, um Schlag auf Schlag Handstich für Handstich jeden Schlag zur Röhre
umzubauen. Breiter Lastexgürtel um die Taille, oder Bleistiftrock und Hut. Winters Steghose, hellblauer Anorak mit Pelzkragen,
Rollkragenpullover, den Pony zur Rolle geformt, die akkurat unter dem Rand eines perfekt gelegten Kopftuches a la Grace Kelly
das Bild abrundete, dazu original Sonnenbrillen vom Flohmarkt.Lippenstift in Pink, und flüssiger Lidstrich nach Art Sophia Lorens.
Die Wäsche durfte nicht fehlen: Spitzenbesetzte Bügel-BH, nachdem doch grade so oberevolutionär der BH, diese einsperrende und
gängelnde Erfindung des Patriarchats, verbrannt worden war. Strapse mit Strümpfen, schliesslich wurde die Strumpfhose erst in den
60ern erfunden, folglich verbannte ich sie aus meinem Schrank. Frau, absolut Frau wollte ich werden, so wie ich es mir dachte,
träumte und vorstellte, und nicht wie diese hängebusigen, zickigen hässlich gekleideten ungepflegten Emanzen, oder diese
lächerlichen langhaarigen Männchen mit ihren albernen Klamotten und Jesus-Latschen, nein, mein erster Langzeitschatz
trug die Haare wie Elvis.
Diese Anti-Frauen und Anti-Männer, die kein klares Profil, keinen Chic, keinen Stil nach meinem Gusto hatten,
diese Mädchen und Jungen in der Schule, die sämtlich in ähnlichen Jeans rumliefen, dazu Bundeswehrparka!
Fast uniformiert und auf jeden Fall männliches und weibliches schwammig und wenig reizvoll.
Nieder damit, fort von ihnen!
Es begann an dem Tag, an dem Elvis starb, seine Musik lief den ganzen Tag im Radio, es war August 1977 und ich war gerade
13 Jahre alt. Ab dem Tag begann meine "Reise". Diese Reise war keine kritiklose Reise, auf der ich, die Zeitreisende,
ohne zu zweifeln, alles aus dem Damals prinzipiell besser und schöner gefunden hätte. Ich reiste in den Zeiten und suchte nach dem,
was mich anzog und fand dabei auch, was nicht gut war in den "guten alten Zeiten" ,was die Gründe für "68er" mit allem Drum und Dran
waren, was die Gründe der Frauenbewegung waren, nach Veränderungen zu rufen.Und ich fand auch, ab wann es hätte genug sein müssen
mit all dieser Frauenrechtlerei, die ein gesundes Maß irgendwann überschritt und Ungerechtigkeit und Zerrissenheit zu produzieren begann.
Mein erstes Buch abseits der Käufe von Original-Zeitschriften war "Die Pubertät der Republik".
Ich las beim Abendessen meinen Eltern daraus vor, Eltern, die meine extremistisch rückwärtsgewandte Metamorphose voll Irritation,
Sorge und anfänglicher Ablehnung beobachteten. Das Buch war keine Feierstunde der goldenen Fünfziger, es war eher ein kritisch
nostalgisches Bilderbuch, zusammengestellt von zwei der Satire geneigten Autoren (Nikolaus Jungwirth und Gerhard Kromschröder).

Ich stellte meinen Eltern und Großeltern Fragen zu ihrer Kindheit, was sie gemacht- getan- gedacht- hatten.
Ich wollte wissen, wie das wirklich gewesen war, jedes Detail.
Ziel...? Was war gut und bwahrenswert? was war nicht gut und somit gut, das der Ausbruch, Aufbruch daraus stattfand?

All das konnte jener vernagelte Lehrer, der mich als "reaktionäre Spinnerin" bezeichnete, nicht wissen.
Ich stand vor ihm wie die leibhaftige Verkörperung des Weiblichkeitsideales einer Epoche, die kritisiert und verlacht,
abgelehnt und verteufelt wurde: Die 50er, Symbol für Prüderie und Strenge, Biederkeit und Angepasstheit.
Dieser Lehrer unterstellte mir, mit meinem Auftreten ein Loblied auf all das zu singen, und war in seiner Wut unfähig
zu durchschauen, wollte es auch gar nicht wissen, was in meinem Kopf vor sich ging. Ich stand da wie ein Sinnbild
all dessen, wogegen er rebelliert hatte, und er nahm, obwohl ja ausgebildeter Pädagoge, keine Rücksicht auf
die verletzliche Gefühlswelt einer Jugendlichen auf Identitätssuche. Er machte mich vor den anderen Schülern zur Schnecke.
________________________________________________________________________________________________________

Ich lasse das aus Gründen des Zeitmangels (- Handerwerker sind hier-) jetzt so stehen.
Eigentlich geht es ja noch viel weiter.

LG Amaretta

steckchen
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Registriert: 01.08.2008, 18:03

Re: Multi-Kulti-Tanz-Welten- trügerische Ideale ?

Beitrag von steckchen » 24.08.2010, 18:17

Amaretta hat geschrieben:Frau, absolut Frau wollte ich werden, so wie ich es mir dachte,
träumte und vorstellte, und nicht wie diese hängebusigen, zickigen hässlich gekleideten ungepflegten Emanzen, oder diese
lächerlichen langhaarigen Männchen mit ihren albernen Klamotten und Jesus-Latschen, nein, mein erster Langzeitschatz
trug die Haare wie Elvis.
Diese Anti-Frauen und Anti-Männer, die kein klares Profil, keinen Chic, keinen Stil nach meinem Gusto hatten,
diese Mädchen und Jungen in der Schule, die sämtlich in ähnlichen Jeans rumliefen, dazu Bundeswehrparka!
Fast uniformiert und auf jeden Fall männliches und weibliches schwammig und wenig reizvoll.
Nieder damit, fort von ihnen!
Liebe Amaretta,

dieser Thread sprengt absolut den Rahmen der Überschrift. Weil gerade aber im Tanz die Geschlechterrollen noch altertümlich-patriarchalisch festgelegt sind: Der Mann führt - die Frau folgt, symbolisiert sie auch wieder die schöne Illusion, der wir uns gerne hingeben, weil viele schöne Dinge (unwiderbringlich?) verschwanden. Ich habe gottseidank als DDR-Kind diese ganze 68er Gedankenwelt erst im Nachhinein, also nach 1989, so richtig mitbekommen und war einfach nur entsetzt, wie links und damit moralisch verweichlicht und ignorant große Teile des bildungsbürgerlichen Mainstreams der BRD geworden waren. Da werden Tatsachen verzerrt, falsch gedeutet, damit sie ins Bild passen, und man ging von einem unrealistischen Menschenbild aus. Ich sehe es immer in den Gesprächen mit Müttern aus dem Westen und aus dem Osten. Die Frauen im Westen sehen Kinder als Porzellanpuppen an, die bei der kleinsten nicht ganz so sanften Berührung sofort zerspringen bzw. sich ein Trauma einfangen können. Die Mütter aus dem Osten hingegen setzen schon auch gerne mal körperliche Grenzen, wobei sich die meist auf einen Klapps auf die Hand oder den Popo beschränken. Da schreien West-Mütter empört auf.

Und Illusionen hingen bzw. hängen beide Denk-Welten nach. In der DDR ging man davon aus, daß die Menschen freiwillig arbeiten würden, wenn man ihnen die soziale Sicherheit anbot. Das hat so nicht geklappt. Viele Leute taten Dienst nach Vorschrift oder noch darunter. Ein bischen Druck muß sein, sonst verwahrlost der Mensch. Und der Westen wiederum verfiel dem verhängnisvollen Irrtum, daß die Menschen die Freiheit effektiv und sinnstiftend zu nutzen verständen, wenn sie diese denn unbeschwert und weitgehend unzensiert genießen dürften. Aber auch das hat nicht funktioniert. Letztendlich herrscht noch genau derselbe Anpassungsdruck wie zu DDR-Zeiten. Bloß, zu DDR-Zeiten wußte man, wer was vorgab. Aber wer gibt heute etwas vor? Die Medien, bestimmte Politiker, Wirtschaftsbosse? Alles verschwimmt und wird anonym. Aber die Ächtung der Anderen, Unangepaßten, die gibt es nach wie vor. Früher in der DDR hat man sie in die Psychiatrie oder ins Hochsicherheitsgefängnis gesteckt. Heute werden sie entlassen, in den Medien verlacht und an den Pranger gestellt, sozial geächtet.

Ich habe neulich einen Artikel über kubanische Exilanten in Spanien gelesen. Spaniens Premierminister Luis Zapatero hat in einer jovialen Geste nach Gutsherrenart einige Oppositionellen der Karibikinsel bei sich aufgenommen. Castro war einige Probleme ärmer und Spanien? Spanien verweigerte den Dissidenten die Arbeitserlaubnis. Tja, man kann Menschen in einen politischen Käfig sperren wie in Kuba, man kann sie aber auch langsam finanziell aushungern und also in einen ökonomischen Käfig sperren. Sie kamen vom Regen in die Traufe. Ja, was hatte Spanien nun politisch von der Aktion? Es gilt jetzt als Freund des kubanischen Regimes und die Dissidenten sind frustriert und am Ende ihrer Mittel in die USA ausgewandert, wo sie eigentlich gar nicht hinwollten. Wie kann ein europäisches Land wie Spanien, das so vielen Marokkanern Arbeitserlaubnisse ausstellte, die diese sträflich mißbrauchten, um im Land Terrorzellen aufzuziehen und tödliche Bombenanschläge zu organisieren, wirklich politisch verfolgten Menschen gleicher Kultur, gleicher Sprache die Würde verweigern, für ihr eigen Lohn und Brot zu sorgen? Ich war entsetzt, als ich den Artikel las.http://www.welt.de/die-welt/politik/art ... anien.html
Amaretta hat geschrieben:... was die Gründe der Frauenbewegung waren, nach Veränderungen zu rufen.Und ich fand auch, ab wann es hätte genug sein müssen mit all dieser Frauenrechtlerei, die ein gesundes Maß irgendwann überschritt und Ungerechtigkeit und Zerrissenheit zu produzieren begann. Mein erstes Buch abseits der Käufe von Original-Zeitschriften war "Die Pubertät der Republik".
Ich las beim Abendessen meinen Eltern daraus vor, Eltern, die meine extremistisch rückwärtsgewandte Metamorphose voll Irritation, Sorge und anfänglicher Ablehnung beobachteten. Das Buch war keine Feierstunde der goldenen Fünfziger, es war eher ein kritisch nostalgisches Bilderbuch, zusammengestellt von zwei der Satire geneigten Autoren (Nikolaus Jungwirth und Gerhard Kromschröder).
Ich weiß, daß Alice Schwarzer zur Feministin wurde, weil in der Tanzstunde kein Junge sie zum Tanzen aufforderte. Das war bei ihr die Initialzündung. Und ich denke, das war und ist bei vielen Feministinnen der Auslöser - die Ablehnung durch die Männerwelt. Wenn ich mir mein Glück allein durch Arbeit verdienen muß, dann sollen alle anderen Frauen auch arbeiten gehen. Wenn ich keine Kinder bekomme mangels Partner, dann preise ich meinen Lebensentwurf als neuen Lifestyle, damit ich damit nicht mehr so alleine und ausgestoßen bin. Ja, der Singles in unserer Gesellschaft werden immer mehr. Aber ist das dann auch gleich als normal zu betrachten und als gut, nur weil es gerade so ein demographischer Trend ist? Kommt mir vor wie die skurrilen Versuche der amerikanischen Bewegung "Fat and proud", das Dicksein als schön und erstrebenswert hinzustellen, um sich von einem Makel zu befreien, der als Stigma empfunden wird. Oder dieser Spruch: Behindert ist man nicht, behindert wird man. Auch so eine Umkehrung von Realität und Wahrnehmung. Alles wird schöngeredet, salonfähig gemacht, damit ja niemand mehr zu seinen Mängeln und Fehlern zu stehen braucht. In meinen Augen ist das der Neid der Besitzlosen, welcher tagtäglich unter verschiedensten Masken versucht, Schönes zu zerstören, damit nicht einer es besser habe als der andere. Und weil nicht jeder alles haben kann, darf eben niemand was haben. Immaterieller Sozialismus ist das für mich.
....
Amaretta hat geschrieben:All das konnte jener vernagelte Lehrer, der mich als "reaktionäre Spinnerin" bezeichnete, nicht wissen.
Ich stand vor ihm wie die leibhaftige Verkörperung des Weiblichkeitsideales einer Epoche, die kritisiert und verlacht,
abgelehnt und verteufelt wurde: Die 50er, Symbol für Prüderie und Strenge, Biederkeit und Angepasstheit.
Dieser Lehrer unterstellte mir, mit meinem Auftreten ein Loblied auf all das zu singen, und war in seiner Wut unfähig
zu durchschauen, wollte es auch gar nicht wissen, was in meinem Kopf vor sich ging. Ich stand da wie ein Sinnbild
all dessen, wogegen er rebelliert hatte, und er nahm, obwohl ja ausgebildeter Pädagoge, keine Rücksicht auf
die verletzliche Gefühlswelt einer Jugendlichen auf Identitätssuche. Er machte mich vor den anderen Schülern zur Schnecke.
Sag mal, Amaretta,

wie alt war dieser Lehrer eigentlich? Hat er vielleicht gemerkt, daß Du ihn nicht wirklich respektiert hast? Ich hatte ja besagte Grundschullehrerin, die wollte mir weismachen, daß Spanisch und Portugiesisch keine verwandten romanischen Sprachen seien. Sie meinte doch tatsächlich, Portugiesisch sei eine total eigenständige Sprache! :shock: Ich habe ihr widersprochen (schließlich spricht mein Vater beide Sprachen fließend und ich habe sie also gehört und kann es beurteilen) und sie damit vor der Klasse brüskiert. Und ich dachte: 'Wie dumm ist die denn?' Das muß sie gemerkt haben. Und vielleicht hat es auch Dein Lehrer gemerkt. Zumindest seine Reaktion war sehr unreif wenn nicht kindisch, weil taktlos und verletzend.

LG
Steckchen
Die Liebe vernachlässigt diejenigen am meisten, die ihrer am meisten bedürfen.
(Madame de Rosemonde im Film: Gefährliche Liebschaften (Regie: Stephen Frears) 1988

Amaretta
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Re: Multi-Kulti-Tanz-Welten- trügerische Ideale ?

Beitrag von Amaretta » 25.08.2010, 17:46

steckchen hat geschrieben:Liebe Amaretta,

dieser Thread sprengt absolut den Rahmen der Überschrift.

Ja, das tut er inzwischen. :mrgreen:
steckchen hat geschrieben:Ich habe gottseidank als DDR-Kind diese ganze 68er Gedankenwelt erst im Nachhinein, also nach 1989,
so richtig mitbekommen

LG
Steckchen
Falls du Lust und Zeit hast, ein wenig in die Zeit zu reisen, hier ist ein Link:
http://www.detlev-mahnert.de/1968.html
Der Seiteninhaber war "dabei". Auf jeder Seite findet man in den Beschreibungen Links zu Original-Zeitungsausschnitten
und anderen Seiten. Selbstverständlich schreibt der Seiteninhaber als Zeitzeuge aus seiner Sicht:
Er beginnt in seiner Kindheit in Innsbruck, Hall in Tirol, Umzug in die BRD und geht Schritt für Schritt weiter.
Er malt ein anschauliches und spürbares Bild auch von den Jahren vor und nach '68.
Wenn ich also an den Lehrer und seinen rücksichtslosen Angriff auf mich zurückdenke
und all das einbeziehe, was ich seitdem über die Zeiten und ihren Wandel erlesen habe,
kann ich ihn sogar ein bißchen verstehen. Er muss wenig vor oder nach den 50ern geboren worden sein,
hat die Dinge- Spießigkeit, Zwänge, Druck, Verbote- alle mit erlebt und war vielleicht auch Student zu genau der Zeit,
als diese Umbrüche stattfanden.
Fast logisch, das er sich so auf mich stürzte :wink:

"Die Vorgänge in den sechziger Jahren fielen also nicht vom Himmel: sie müssen gesehen werden auf der Folie der Situation
in den fünfziger Jahren, die geprägt waren vom Stolz auf die deutsche Tüchtigkeit, auf das "Wirtschaftswunder".
Heimattümelnde („Heideröslein“, „Das alte Försterhaus“ usw.) oder von Fernweh erfüllte Schlagermusik
(Caprifischer, "Jim, Johnny und Jonas" usw.) und des Heimatfilms („Wo der Wildbach rauscht“) offenbarten die weit verbreitete
Sehnsucht nach einer heilen Welt"


http://www.detlev-mahnert.de/50-erjahre.html
_________________________________________

In den 70er Jahren ging es dann weiter: Es bildeten sich jugendliche Subkulturen, die völlig andere Vorlieben hatten
als die Allgemeinheit. Es waren zwar jeweils nur kleine Grüppchen, die aber ganz stark ihr Sich-Absondern durch Kleidung
und Musik nach aussen signalisierten und dadurch auffielen. Da gab es Punker, Popper, Mods und Rock'nRoller, z.B.

Es gibt eine sehr gute Dokumentation über die gesamte Jugend von den 50ern bis heute.
Sie ist nicht nur interessant, sondern auch amüsant. Zeitzeugen kommen zu Wort: Musiker und Schauspieler,
die die jeweils gezeigten Zeitabschnitte miterlebt haben, Historiker, die weiterführende Erklärungen liefern,
viele Musik-und Filmbeispiele, und es wird parallel die Entwicklung in der BRD und der DDR gezeigt.
Ich werde das heraussuchen, es ist ein gutes Mosaik, in dem Musik, Auflehnung und Politik, die Stimmung
der Jahrzehnte seh-bar und hör-bar werden.

LG Amaretta

Amaretta
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Re: Multi-Kulti-Tanz-Welten- trügerische Ideale ?

Beitrag von Amaretta » 30.08.2010, 00:57

Hier ist die angekündigte Dokumentation.
Ich kann nur empfehlen, alles in Ruhe anzugucken.
Ich habe zwar eine Menge Links eingesetzt, die Doku geht jedoch noch viel weiter,
entsprechende weiterführende Links tauchen von selber auf: jeweils das nächstfolgende zu dem, was man gerade anschaut,
bis in die 80er,90er Jahre hinein (interessiert mich nicht so, kann aber lustig sein)
Ich sehe die Zeitspanne die ich hier verlinkt habe als Gesamtbild der Entwicklung eben der Jahrzehnte,
in denen die Weichen für die "Gleise" gestellt wurden, in denen, auf denen der "Zug BRD" weiterfuhr, die Gesellschaft weiterrollte.
Mir fällt nicht ein, wie ich es besser, treffender ausdrücken könnte.
Also: viel Spaß und ein besseres Verständnis und Wissen für und über "Gestern".
LG Amaretta

"Der Untergang des Abendlandes: Negersänger und Schluckaufheuler" :mrgreen:
1/5 - WDR Doku - Die Fünfziger Jahre - Halbstark
http://www.youtube.com/watch?v=k-WmQ1YE ... re=related

2/5 - WDR Doku - Die Fünfziger Jahre - Halbstark
http://www.youtube.com/watch?v=37KLj5nB ... re=related

3/5 - WDR Doku - Die Fünfziger Jahre - Halbstark
http://www.youtube.com/watch?v=q4f_A7P4 ... re=related

4/5 - WDR Doku - Die Fünfziger Jahre - Halbstark
http://www.youtube.com/watch?v=USpmCFpd ... re=related

5/5 - WDR Doku - Die Fünfziger Jahre - Halbstark
http://www.youtube.com/watch?v=SnvOiOxu ... re=related
_______________________________________________________

1962-1965

1/5 - WDR Doku - Die frühen Sechziger - Beat Beat Beat
http://www.youtube.com/watch?v=3tCaIlMp ... re=related

2/5 - WDR Doku - Die frühen Sechsiger - Beat Beat Beat
http://www.youtube.com/watch?v=wViPmAJQ4cU&NR=1

3/5 - WDR Doku - Die frühen Sechsiger - Beat Beat Beat
http://www.youtube.com/watch?v=unkFytNX ... re=related

4/5 - WDR Doku - Die frühen Sechziger - Beat Beat Beat
http://www.youtube.com/watch?v=57uUq_vB ... re=related

5/5 - WDR Doku - Die frühen Sechziger - Beat Beat Beat
http://www.youtube.com/watch?v=4Pivy8sK ... re=related

_______________________________________________________

Pop 2000, Folge 5 (1970 - 1976) [#1/5]
http://www.youtube.com/watch?v=HMCLgIj4 ... re=related

Pop 2000, Folge 5 (1970 - 1976) [#2/5]
http://www.youtube.com/watch?v=RC3sWHa5 ... re=related

Pop 2000, Folge 5 (1970 - 1976) [#3/5]
http://www.youtube.com/watch?v=-o5rkXmU ... re=related

Pop 2000, Folge 5 (1970 - 1976) [#4/5]
http://www.youtube.com/watch?v=juupvw3r ... re=related

Pop 2000, Folge 5 (1970 - 1976) [#5/5]
http://www.youtube.com/watch?v=NRJOu6nx ... re=related

Micky1244
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Re: Multi-Kulti-Tanz-Welten- trügerische Ideale ?

Beitrag von Micky1244 » 31.08.2010, 10:56

Die 50er?
Da war ich in der zweiten Hälfte der 50er Jahre ein Teenager. Ich war begeistert vom Existentialismus, las u.a. Sartre, Brecht, Böll, Grass, hörte Greco, Armstrong,Sidney Bechet, King Oliver, Elvis, alles was auf AFN lief, fand Peter Kraus und Conny Froboess und deutsche Schlager schrecklich peinlich, dümmlich und banal.
Viel , viel später kam meine Liebe zu den 50er Jahren, wenn ich heute Filme aus der Zeit sehe, bin ich gerührt, sehe mir jedes Detail an, wie sind die Leute eingerichtet, was haben sie an , wie reden sie usw. Das ist wie Meditation, total entspannend für mich.
Und wenn ich alte deutsche Schlager aus der lange vergangenen Zeit höre, bin ich gerührt. Damals war die Welt , wie ich sie erlebte, noch in Ordnung, das Wort Orientierungslosigkeit hatte noch keine Bedeutung.
Liebe Grüße, Micky


"Lass uns angeln gehen", sagte der Haken zum Wurm.
Isaiah Berlin: Die Freiheit der Wölfe ist der Tod der Lämmer.

steckchen
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Re: Multi-Kulti-Tanz-Welten- trügerische Ideale ?

Beitrag von steckchen » 31.08.2010, 14:59

Amaretta hat geschrieben:Ich reiste in den Zeiten und suchte nach dem, was mich anzog und fand dabei auch, was nicht gut war in den "guten alten Zeiten" ,was die Gründe für "68er" mit allem Drum und Dran waren, was die Gründe der Frauenbewegung waren, nach Veränderungen zu rufen.Und ich fand auch, ab wann es hätte genug sein müssen mit all dieser Frauenrechtlerei, die ein gesundes Maß irgendwann überschritt und Ungerechtigkeit und Zerrissenheit zu produzieren begann. Mein erstes Buch abseits der Käufe von Original-Zeitschriften war "Die Pubertät der Republik". Ich las beim Abendessen meinen Eltern daraus vor, Eltern, die meine extremistisch rückwärtsgewandte Metamorphose voll Irritation, Sorge und anfänglicher Ablehnung beobachteten. ....
All das konnte jener vernagelte Lehrer, der mich als "reaktionäre Spinnerin" bezeichnete, nicht wissen.
Ich stand vor ihm wie die leibhaftige Verkörperung des Weiblichkeitsideales einer Epoche, die kritisiert und verlacht,
abgelehnt und verteufelt wurde: Die 50er, Symbol für Prüderie und Strenge, Biederkeit und Angepasstheit.
Micky1244 hat geschrieben:Die 50er?
Da war ich in der zweiten Hälfte der 50er Jahre ein Teenager. ...
Viel , viel später kam meine Liebe zu den 50er Jahren, wenn ich heute Filme aus der Zeit sehe, bin ich gerührt, sehe mir jedes Detail an, wie sind die Leute eingerichtet, was haben sie an , wie reden sie usw. Das ist wie Meditation, total entspannend für mich. Und wenn ich alte deutsche Schlager aus der lange vergangenen Zeit höre, bin ich gerührt. Damals war die Welt , wie ich sie erlebte, noch in Ordnung, das Wort Orientierungslosigkeit hatte noch keine Bedeutung.
Ja, wenn ich mir hier diese Nostalgie durchlese, dann begreife ich auch besser, wo der Bezzi von heute ansetzt. Weil er nämlich der Frau verklickert, daß in seiner Familie, in seiner Kultur, in seinem Land alles so ist wie in den 50ern in Deutschland - nur noch viel besser. :twisted: Und wenn sie alt genug ist, wird sie sich sogar erinnern. Und schon gibt er die Orientierung vor.

LG
Steckchen
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Re: Multi-Kulti-Tanz-Welten- trügerische Ideale ?

Beitrag von Amaretta » 12.09.2010, 21:45

Ich bitte die Leser, den Eindruck des Zusammengewürfelten zu entschuldigen.
Die geschriebenen Texte können wirken, als hätten sie eigentlich nichts miteinander zu tun.
Die Themen haben aber Berührungspunkte, man muss nur genau hinschauen.
Teil A ist Antwort an Jazziz, Teil B das , worauf ich hinauswill.

A.
Jazziz hat geschrieben:Hallo Amaretta,

über deinen Beitrag über die Jugendkulturen der 50ziger-, 60ziger- und 70ziger Jahre musste ich schmunzeln. Ich habe ja mal Kulturwissenschaften studiert und interessiere mich ganz besonders für die 50ziger Jahre, die ich selbst als Kind noch miterlebt habe.
Jazziz hat geschrieben:Die WDR-Dokumentationen überzeugen mich nicht wirklich – es wird zum größten Teil der Musikgeschmack und Lebensstil von jungen Menschen gezeigt, die eher der damaligen „Alltagskultur“ entsprachen.
Tja, mehr als ein grober Umriss ist in einer knappen Stunde Sendung über ein ganzes Jahrzehnt kaum zu zeigen.
Wie soll da auf jede kleine Facette eingegangen werden können. Meiner Meinung nach haben die Produzenten es geschafft,
so allerhand in gut anzureißen, das man neugierig wird. Für die, die sich überhaupt noch nie mit dem Deutschland der Nachkriegszeit befasst haben, ist die Sendung ein guter Einblick.
Jazziz hat geschrieben:Es gab in den 50ziger Jahren durchaus auch in Deutschland eine sehr interessante Avantgarde Szene, die leidenschaftlich gerne Jazzmusik hörte und moderne Kunst sammelte, wozu ich meine Eltern zählen darf. Wir haben im Wohnzimmer weder unter einem Hirschgeweih gesessen und uns auch nicht „Heideröschen“ in Kino angesehen. :D
Das ist mir bekannt. Da die Andersdenkende die Kunst in einen rückwärtsgerichteten Provinzialismus gezwungen hatten,
herrschte eine frische Aufbruchstimmung und Neugier auf das, was jahrelang verpönt/verboten war- Stichwort "entartete Kunst".
Eben diese Avantgarde-Szene, die du erwähnst, ist jedoch so eine Facette, die in der kurzen Sendezeit keinen Raum gefunden hätte.
Dafür würde eine Extra-Sendung gebraucht.
Jazziz hat geschrieben:Gerade in den fünziger Jahren fand eine große Veränderung in der Musik, Kunst und Literatur statt, die aus den USA zu uns kam und wegweisend für die Jugendkultur der 60ziger wurde (ich beschäftige mich z.Zt. mal wieder intensiv mit Burroughs).
Meinst du diesen Herrn hier?
http://www.hinternet.de/buch/epitaph/burroughs.php
Uff-ziemlich wildes kaputtes Leben- erstaunlich, das der Mann in seinem eigenen Leben solange überlebt hat. :lol: :wink:
Hm...und dieses Kaputte ist mir unangenehm, nett ausgedrückt.
Jazziz hat geschrieben:Übrigens: Ende der 70ziger Jahre gab es nur ein lauwarmes Revival, der von dir erwähnten „Mods“. Die Mod „Subkultur“ (kommt von Modernism) entstand Anfang der 60ziger Jahre und war in ihrer puristischen Form schon 1963 vorbei. Die Mod Subkultur hatte jedoch einen enormen Einfluß auf die Kleidung und Lebensstil der damaligen Rockstars(und nicht die Hippies!!) und wurde dann von "normalen" Jugendlichen adaptiert oder eher kopiert. Ein leidenschaftliches Thema für mich, was mich immer wieder interessiert. Ich war, wenn auch etwas früh, selbst ein Mod. :wink:
Eben die Revival-Mods meinte ich.
In HH war ein beliebter Treffpunkt dieser Mods das "Bzirrs", der Platz davor quoll dann immer von Motorrollern über. :mrgreen:
Diese flattrigen Parkas trugen sie alle, ich sach nur "Quadrophenia". ( http://de.wikipedia.org/wiki/Quadrophenia_%28Film%29 )
Dieses Mods Revival war ein Teil der Jugendszene Ende 70er, Anfang 80er.
Zitat Wiki: "Mods waren Anhänger einer Subkultur, die hauptsächlich im Großbritannien der frühen und mittleren 1960er Jahre, aber auch in anderen europäischen Ländern präsent war und dann erneut Ende der 1970er bis Anfang der 1980er Jahre gleichzeitig mit dem Punk wieder in Mode kam."
Wenn ich mir anschaue, was es jetzt an Jugend-Kultur, Jugend-Subkultur oder "Szenen"(auch nicht jugendliche) so gibt, war das noch vergleichsweise wenig.
Stichwortartig gelistet: Punk,New Wave-New Romantic-Gothic
Black Metal- Metalcore- Deathcore- Post Metal- NSBM
Indie, Grunge
Rockabillies - Rock’n’Roller - Psychobillies
Techno- und Houseszene / House, Goa, Hardcore Techno
Hip-Hop : Rap, Graffiti-Writing, Breakdance
und so weiter und so fort...ich finde mich da nicht mehr durch...da muss man ja drauf studieren :roll: :mrgreen:
Jazziz hat geschrieben:In diesem Sinne...

Herzliche Grüße
Herzliche Grüße auch dir. Das was ich in Ansätzen zu erklären versuche, lässt sich nicht an einem Hirschgeweih aufhängen,
nicht auf Heideröschen reduzieren.

B. Worauf es mir eigentlich ankam, ankommt, auch bezugnehmend auf meine Schilderung der Schulhofszene, meiner eigenen
Entwicklung: Diese Jugendszenen bzw deren Anhänger gab und gibt es ja nicht "von oben" gelenkt.
Sie entstanden aus Gründen der Identitätssuche, aus Abgrenzungswünschen, der Sehnsucht irgendwo dazu zu gehören,
weil manche eben andersgeartete Vorlieben hatten und nirgends wirklich dazugehörten, weil sie bestimmtes Konsumverhalten
einfach ablehnten und und und.
Meine Theorie: Wenn ich zurückschaue auf meinen Weg, fällt mir auf, das jemand, der so stur seinen eigenen Weg geht,
schwerer vereinahmen und/oder zu beeinflussen ist. Das was "die Anderen", die Masse, der Mainstream sagt und meint,
hört und anzieht, liest und lebt,
wird ja abgelehnt.
Da kommt es dann auch darauf an, welche so anderen Vorlieben man denn nun entwickelt hat und warum.
Auch die Teilhabe in einer solchen Jugendszene kann, anstatt freier zu machen, das Gegenteil zur Folge
haben: Was du anziehst, hörst und tust, ist so klar ungeschrieben vorgeschrieben, das auch da wieder
Einengungen und Zwängeauftauchen. Denn dabei zu sein, bedeutete NUR die Musik, NUR die Kleidung, andernsfalls bist du ein Verräter, gar kein echter Roller. Da ich aber bereits Swing,Latin und Cuba entdeckt hatte, obendrein Hip-Hop witzig fand,
wurde es mir zu eng in dieser 50er-Szene. Am schlimmsten war der Moment, als ich feststellen musste, das manche der Leute- ich schätze ein Viertel- sich merkwürdig radikal zu gebärden begannen: Als ein Typ auf einer Party eine SS-Uniform aus dem Schrank holte, traute ich meinen Augen nicht. Ich brach eine fruchtlose Diskussion vom Zaum, in der ich auf die schwarzen Wurzeln des Rock'n'Roll hinwies, erinnerte daran, das im dritten Reich amerikanische Musik wie Swing nicht direkt verboten, auf jeden Fall aber unerwünscht war, das junge Leute wegen des Hörens von Swing in Schutzhaft genommen wurden, die Gestapo sie zum Verhör holte. Ich wies darauf hin, das unser Rock'n'Roll vielen Erwachsenen in den 50ern wie der Beginn des Niedergangs der guten Sitten erschien, und das die Andersdenkende dagegen mit aller Härte durchgegriffen hätten, hätte es diese Musik da schon gegeben. Ich bemerkte, das man das was sie alle jetzt hören, damals als "Negermusik" beschimpfte. Es war sinnlos. Da hockten diese Dumpfbacken und glotzen mich blöde an. Die "Szene" spaltete sich auf, ich glaube sicher, das ein paar Leute in die NeoNazi gingen... Und so zog ich nachdem ich sie glücklich gefunden hatte,
diese Gleichgesinnten, die 50erFans, Rock'n'Roller, auch von da wieder weiter.
Stichwort: Italien.

Wenn es nun die arabische Welt ist, kann das passieren, was Steckchen beschrieb:

"Es war so, daß man mit bei meinem Kuwaitaufenthalt bestimmte Sachen erklärt hatte, z.B. daß die Frau im Taxi immer hinten sitzt oder, daß man Männern nie zu viel von sich erzählen soll. Da Kuwait ein kleines Land ist, muß man noch mehr darauf achten, weil sich viel zu viele Leute untereinander kennen. Man sitzt also permanent im Glashaus. Einmal hatte ich mit einer omanischen Freundin ein Interview auf dem Markt zu führen. Sie wurde von einem Mann nach ihrem Namen gefragt. Sie antwortete mit einem falschen Namen. Da habe ich sie gefragt, wieso sie das macht. Sie meinte, daß es Selbstschutz sei. Mann könne ihre Familie über diesen Kontakt mit einem fremden Mann informieren und sie habe davor Angst."

"nicht auf andere Saudis treffen, weil sie im Urlaub nämlich genau dieser sozialen Kontrolle ihrer frustrierten Landsleute entfliehen wollen."


Steckchen: Suche nach etwas "Besserem" als dem "hier", und anstatt "frei" zu werden, wird man eingeengter als man es hier je sein
würde. Und kehrt zurück "nach Hause", eben ein Zuhause, das man vorher, ständig auf der "Flucht",auf der "Suche" weder zu schätzen wusste noch richtig kannte.
Und das ist bei mir ähnlich gewesen, denn mein Ideal von Familie mit dem ganzen Zusammenhalt, der Hilfsbereitschaft,
der Wärme und Geborgenheit, der Selbstverständlichkeit Kinder zu haben ohne das Gefühl wie hier in BRD sich für diesen Wunsch rechtfertigen zu müssen, dem Miteinander verschiedener Generationen, das schien Italien zu versprechen.
(Äusserung Frau: "Du hast doch soviel Talent, jetzt hängst du dir Gören und Mann an den Hals und ruinierst dich!" Oder, schwanger mit dem zweiten Kind, kommt mir zu Ohren:
"Wie die Karnickel-jetzt kriegt die schon das Zweite!" "Paß ma auf, die mit ihrem Italiano, beruflich wird da nix mehr draus." Die liiieeeben Mit-Frauen, ganz herzige Kommentare...ich diagnostiziere feministische Seelenvergiftung. Dazu komme ich später)

So verband ich mich also mit meinem Italiener, fuhr jeden Sommer in den tiefen Süden und alles war ganz anders als ich es mir so zurechtgedacht hatte. Da war viel Gutes, eben diese Solidarität, aber auch viel- Stichwort: soziale Kontrolle und beäugen, Tratsch über Leute die zu "anders" sind und sich nicht an die ungeschriebenen Kleinstadtgesetze halten.
Da war jede Reise ein Zeitsprung, als würde man eine Zeitmaschine betreten und einen Ausflug in die Welt mit den Sitten und der Sexualmoral der 50er unternehmen.
"Der veilchenblaue Jungfernkranz steht wieder hoch im Preise"... Oops.
Ich hatte bei meinen Aufenthalten da "unten" Massen mehr an Freiheit als so einige der jungen Leute gleichen Alters,
denen ich im Süden gegegnete, Familie oder Bekannte, besonders junge Mädchen und Frauen,
aber alleine das Mit-Erleben so manchen unsinnigen zu strengen Verbotes und dessen Umsetzung und Begründung ließ mich schauden. Nach einigen Wochen war es jedesmal soweit,
das ich mich täglich gen Norden sehnte, den Tag der Abfahrt Richtung Brenner kaum noch abwarten konnte, obwohl mir ja niemand etwas tat.
Ich hatte undefinierbare Schmerzen, war oft kurz vor dem Heulen, ich wurde da unten depressiv.
SO hatte ich das nicht gemeint, mit den alten Werten.
Meine Zeitreisen, die Suche, das waren "Er-Forschungen", Überlegungen, Betrachtungen mit dem unausgesprochenen nicht klar bewusstem Ziel, Gutes aus dem Alten und Gutes aus dem Neuen
zu einer Art lebens-und liebenswerten NEUEN ALTEN KULTUR zu verschmelzen
.
Letzten Endes stelle ich nach Jahrzehnten fest, das ich diese nirgend wo gefunden habe
ausser in mir selbst, und das ich allein auf diesem Weg bleiben will und muss,
unabhängig von Bevormundungen und Kritiken anderer, egal aus welcher meinungs-bestimmen-wollenden Ecke die nun kommen.
Dazu muss ich auch wieder etwas näher erläutern.

Ich füge dieses Bruchstück aus einem Beitrag von Spätherbst nochmal dazu:
Thread Bezness Schwarzafrika -

Beitragvon Spätherbst » 13.08.2010, 14:55
Spätherbst hat geschrieben:
Amaretta hat geschrieben: Ich sammele seit meinem vierzehnten Lebensjahr Zeitschriften und Bücher vergangener Jahrzehnte.
(Sammlung enthält 1925- 60erJahre, nicht umwerfend viel, aber tolle Schätze)
Dafür bewundere und beneide ich Dich von Herzen, Amaretta. Natürlich beneide ich Dich nicht um die Ausgrenzung, ich kann sie mir leider sehr gut vorstellen. Ich selber bin voll und ganz der Gehirnwäsche gefolgt und erst sehr spät so langsam dahintergekommen, dass wir von denjenigen, denen wir vertrauen, massiv angelogen und manipuliert werden. Medien, Lehrer, Professoren, manchmal sogar die eigenen Eltern. Letztere tun das natürlich nicht aus Bosheit, sondern geben nur die eigene Manipulation weiter, wie übrigens fast alle Lehrer und Medienschaffenden auch.

(...)...weiße Männer fast ausnahmlos als rückständige, barbarische, stupide Schläger(...)
Das geht über das Unterbewusstsein rein. Meist ist es etwas subtil(...), aber wenn man es einmal gemerkt hat, ekelt einen das Fernsehen. Man fühlt sich dann wie auf so einer Kaffeefahrt, wo einem überteuerte Heizdecken aufgeschwatzt werden.
Amaretta hat geschrieben:Ich beschäftige mich auch häufig mit der Lebenswirklichkeit der Menschen vergangener Zeiten,
suche dazu Zeitzeugenberichte und Bilder. Der Blick ins Gestern bringt mich im Heute vorwärts.
Ich sehe viele Geschehnisse mit anderen Augen.
Das mache ich inzwischen auch. Es ist faszinierend. Dass unsere Vorfahren engstirnige Idioten waren, stimmt überhaupt nicht. Da war sehr viel Wissen und Nachdenklichkeit, große Gedanken und eine erstaunliche Meinungsfreiheit, die in den meisten (nicht allen!) Zeiten ausgeprägter war als bei uns heute.
Spätherbst sagt hier, dass unsere Vorfahren keinesfalls engstirnige Idioten waren.
Das sehe ich genauso. In der Zeit der Umbrüche, die bereits in 50ern begonnen und richtig heftig in den 60ern tobten,
und dabei in einer Art Übereifer ALLES ALTE in Frage gestellt, über Bord geschmissen, weil spiessig, konservativ,
verköchert, unmodern, wurde, hat man eine Grenze überschritten. Das Alte verpönt, das Neue jedoch unerprobt
und so wirkt es auf mich wie eine Haltlosigkeit, eine Orientierungslosigkeit. Dieses Loch, das enstand, weil das Alte negativ bewertete
als Orientierung futsch war, wurde vollgestopft mit komischen Gurus, Baghwans,Jugendbewegungen aller Art, Hinwendung zu den Ländern der dritten Welt,
Multi-Kulti und nicht zuletzt Frauenbewegung/Feminismus: Der Beginn dieses saudämlichen Geschlechterkampfes,
im Zuge dessen der deutsche/europäische/allgemein der weisse Mann zum Hauptfeind und Hauptschuldigem erklärt wurde.
Der Träger einer patriarchalischen Lebensform, die zerschlagen werden musste.
Ein kapitalistischer Ausbeuter, Trieb- und Gewalttäter, der den ganzen Tag immer nur alles und alle, besonders Frauen,
unterwerfen will.

Da also der deutsche Mann so ein übler Mistkerl ist, muss der arme Araber oder Afrikaner sicher besser sein.
Und Kultur hat er dazu auch noch. Eine Identität, an die man sich ohne Schamgefühl anhängen kann.

Das ist eine schlechte Lösung, besser geagt es ist gar keine Lösung.

Dadurch wurde den hiesigen Männern die Solidarität aufgekündigt, die es ja einmal gegeben hatte.

Und da kommen Gesetztesänderungen ins Spiel, die die Dinge für die Frauen vereinfacht haben
und für die Männer die Dinge erschwert.
Als Beispiel seien da genannt die Scheidungszahlen.
Mitte der siebziger Jahre wurde das Schuldprinzip abgeschafft.
Ich habe die Zahlen ab 1902 bis heute: Ab Mitte/Ende der 70er steigen die Zahlen kontinuierlich an,
und zwar in erschreckende Höhen.
Es war relativ leicht geworden, den deutschen Dummbasel loszuwerden, ohne dabei ein Risiko einzugehen.
Den Dummbasel war sie also los, warum um eine Ehe noch kämpfen, mal ein Auge zudrücken,
durchhalten um des großen Ganzen willen, warum die einst versprochene Solidarität in guten und schlechten Zeiten
leben, wenn das wirtschaftliche Risiko einer Scheidung durch immer weitere Gesetze gemildert ist zu Lasten
der sowieso blöden Männer?
Dann muss aber ein neuer Mann her, denn, wenn auch in sämtlichen Medien tagtäglich mal hier mal da ein Artikelchen auftaucht,
in dem Frauen als bessere Menschen dauerbelobigt werden, Männer jedoch einem entwertenden Dauerbeschuss (Gehirnwäsche!)preisgegeben
werden, einen Mann hätte die Frau doch ganz gern.
Und da ist das perfekte Einfallstor- eines der Einfallstore und wahrscheinlich das Haupttor für die Beznesser: Die geschiedene deutsche Frau mit ihrer Sehnsucht nach dem nächsten "besseren" Mann.

Wenn ich also von einer NEUEN ALTEN KULTUR spreche, dann meine ich zum Beispiel SOLIDARITÄT.
Ich wünsche mir, das wir Frauen hierzulande uns unseren Männern gegenüber wieder solidarischer verhalten.
Ich bin überzeugt, das Solidarität zwischen Männern und Frauen die Basis einer gesunden Gesellschaft ist,
und der Preis, mal auf das eine oder andere Stückchen persönliches Glück zu verzichten, ist ein geringer Preis
gegenüber dem Gewinn: Gemeinschaft, Zusammenhalt um des großen Ganzen willen!
Eine gesunde Gesellschaft bietet keine, zumindest aber wenig Angriffsfläche für Bezness!
Wenn wir uns besinnen würden, was unsere Männer leisten, für uns und für die Allgemeinheit,
wenn wir wieder stolz auf sie wären, wie sie es verdient haben, dann kann der Beznesser noch so viel
säuseln, er bekommt keinen Fuß in die Tür hier.

Diese Solidarität ist einer dieser alten Werte, die im Sturm feministischer anti-männlicher Tiraden fortgerissen wurde.
Diese Solidarität ist vorhanden gewesen in den alten Familiengeschichten, sie ist fast sichtbar-spürbar
auf so manchem der Bilder in den alten Alben, in denen ich so oft stöberte.
Diese Menschen, meine Vorfahren bis hin zu meinen eigenen Eltern, hatten mehr Gemeinsinn.
Sie schrien nicht "Ich-ICH-ICH" und lebten ihre persönlichsten Wünsche nicht auf Kosten anderer aus.
Sie kümmerten sich- Männer wie Frauen- zuvörderst um die Bedürfnisse der Familie. Und erst dann,
wenn noch ein Stündchen übrig war, noch eine Mark im Topf, erfüllten sie sich einen kleinen Wunsch.
Und- war das SO falsch? Ist das etwa nicht sehr wertvoll?
Sollten wir das nicht zurückholen, in dem wir selbst, ja, an UNS liegt es, es wiederbeleben?
Es heisst doch hier im Forum "Gemeinsam sind wir stark".
Das gilt doch nicht nur hier? Das könnte gesamtgesellschaftlich gelten.Hiesige Frauen gemeinsam mit hiesigen Männern.
steckchen hat geschrieben: Ja, wenn ich mir hier diese Nostalgie durchlese, dann begreife ich auch besser, wo der Bezzi von heute ansetzt. Weil er nämlich der Frau verklickert, daß in seiner Familie, in seiner Kultur, in seinem Land alles so ist wie in den 50ern in Deutschland - nur noch viel besser. :twisted: Und wenn sie alt genug ist, wird sie sich sogar erinnern. Und schon gibt er die Orientierung vor.
LG
Steckchen
Ich rede hier nicht von einer betulichen Nostalgie. Ich hoffe, das ich Schritt für Schritt deutlicher machen konnte,
was ich meinte, worauf ich eigentlich hinaus will.

LG Amaretta

steckchen
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Re: Multi-Kulti-Tanz-Welten- trügerische Ideale ?

Beitrag von steckchen » 13.09.2010, 09:20

Amaretta hat geschrieben: Diese Menschen, meine Vorfahren bis hin zu meinen eigenen Eltern, hatten mehr Gemeinsinn.
Sie schrien nicht "Ich-ICH-ICH" und lebten ihre persönlichsten Wünsche nicht auf Kosten anderer aus.
Sie kümmerten sich- Männer wie Frauen- zuvörderst um die Bedürfnisse der Familie. Und erst dann,
wenn noch ein Stündchen übrig war, noch eine Mark im Topf, erfüllten sie sich einen kleinen Wunsch.
Und- war das SO falsch?
Nein, liebe Amaretta,

Du liegst überhaupt nicht falsch. Diese Erfüllung eines kleinen persönlichen Wunsches nach harten Entbehrungen ist auch ganz bestimmt viel süßer als die vielen Wünsche, die sich Leute hierzulande mit viel Geld sofort erfüllen, kaum daß sie entstanden. Und trotzdem die innere Leere und Einsamkeit damit nicht überwinden können.

Ansonsten, Du hast ja sooo sooo recht!Bild Dieser Dein Beitrag steht für mich in einer Reihe mit den Beiträgen von Spätherbst zum Thema "Warum hierzulande so viele Leute anfällig für Bezness sind." Der Feminismus ist ja gut und schön, wenn er Frauen hilft, die alleine ohne Mann und Familie klarkommen müssen. Und daß es jede Frau potentiell kann und innerlich und finanziell eben unabhängig sein kann, wenn und wann und weil sie es will. Aber nicht, daß sie es muß, nur, weil andere Frauen es müssen. Und gerade hier setzte ja die von Dir genannte Grenzüberschreitung ein. Ein eher seltener Fall wird auf einmal zum Normalfall erklärt und alle müssen mitmachen um als "Fortschrittliche" Frauen zu gelten.
Amaretta hat geschrieben:
steckchen hat geschrieben:Ja, wenn ich mir hier diese Nostalgie durchlese, dann begreife ich auch besser, wo der Bezzi von heute ansetzt. Weil er nämlich der Frau verklickert, daß in seiner Familie, in seiner Kultur, in seinem Land alles so ist wie in den 50ern in Deutschland - nur noch viel besser. :twisted: Und wenn sie alt genug ist, wird sie sich sogar erinnern. Und schon gibt er die Orientierung vor.
Ich rede hier nicht von einer betulichen Nostalgie. Ich hoffe, das ich Schritt für Schritt deutlicher machen konnte,
was ich meinte, worauf ich eigentlich hinaus will.
Ich hab das mit der Nostalgie übrigens für die betreffenden Frauen nicht naiv, vertrottelt oder senil gemeint. Weil es das ja wirklich so gegeben hat für diese ältere Frauen. Und, wie Du bereits sagtest, es war ja nicht alles schlecht. Und wenn dann ein Mann diese Knöpfchen drückt, dann ...

LG
Steckchen
Die Liebe vernachlässigt diejenigen am meisten, die ihrer am meisten bedürfen.
(Madame de Rosemonde im Film: Gefährliche Liebschaften (Regie: Stephen Frears) 1988

steckchen
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Re: Multi-Kulti-Tanz-Welten- trügerische Ideale ?

Beitrag von steckchen » 13.09.2010, 16:46

Amaretta hat geschrieben: Da kommt es dann auch darauf an, welche so anderen Vorlieben man denn nun entwickelt hat und warum.
Auch die Teilhabe in einer solchen Jugendszene kann, anstatt freier zu machen, das Gegenteil zur Folge
haben: Was du anziehst, hörst und tust, ist so klar ungeschrieben vorgeschrieben, das auch da wieder
Einengungen und Zwängeauftauchen.
Hallo Amaretta,

dies habe ich immer wieder beobachtet, wenn ich mir so die Punk- oder Rockabilly-Szene anschaue. Eigentlich schauen diese Leute alle irgendwie gleich aus. Da wird sich eine Maskerade übergestülpt und gesagt: "Das bin jetzt ich." Geradeso, als bestünde das Ich jetzt aus grüngefärbten Haaren und aus Iggy Pop. Da sind mir die Normalos doch schon lieber. Sie laufen zwar nicht so auffällig herum, aber sind auch anderen gegenüber toleranter. Die größten Spießer sind in meinen Augen meist die, die sich betont unkonventionell und anders geben. Meine Therorie ist die, daß Leute, die per se anders(er) sind als andere, eher unauffällig gekleidet sind und sich unauffälliger benehmen, weil sie sich eh schon anders und unverstandener als andere fühlen. Da wollen sie nicht noch zusätzlich anecken durch grüne Haare oder aufgesetzt anderes Benehmen. Aber diese Szene-Leute fühlen sich doch so verloren und normal, daß sie versuchen, sich mittels Äußerlichkeiten von anderen abzugrenzen - um vom Regen in der Traufe zu landen. Wie hat Abby Sciuto in "Navy-Cis" mal so schön gesagt: "Ich war auch mal bei den Anarchisten, aber das war nichts für mich - Zu viele Regeln." War zwar nur ein Film, aber trotzdem wahr.
Stichwort: Italien.
Amaretta hat geschrieben: Und das ist bei mir ähnlich gewesen, denn mein Ideal von Familie mit dem ganzen Zusammenhalt, der Hilfsbereitschaft,
der Wärme und Geborgenheit, der Selbstverständlichkeit Kinder zu haben ohne das Gefühl wie hier in BRD sich für diesen Wunsch rechtfertigen zu müssen, dem Miteinander verschiedener Generationen, das schien Italien zu versprechen.
(Äusserung Frau: "Du hast doch soviel Talent, jetzt hängst du dir Gören und Mann an den Hals und ruinierst dich!" Oder, schwanger mit dem zweiten Kind, kommt mir zu Ohren:
"Wie die Karnickel-jetzt kriegt die schon das Zweite!" "Paß ma auf, die mit ihrem Italiano, beruflich wird da nix mehr draus." Die liiieeeben Mit-Frauen, ganz herzige Kommentare...ich diagnostiziere feministische Seelenvergiftung. Dazu komme ich später)
Jaaa, und dann wundern sich unsere Politiker und Demographen, wo die ganzen lieben kleinen Kinderlein und zukünftigen Rentenzahler in diesem Lande wohl abgeblieben sind.
Amaretta hat geschrieben:So verband ich mich also mit meinem Italiener, fuhr jeden Sommer in den tiefen Süden und alles war ganz anders als ich es mir so zurechtgedacht hatte. Da war viel Gutes, eben diese Solidarität, aber auch viel- Stichwort: soziale Kontrolle und beäugen, Tratsch über Leute die zu "anders" sind und sich nicht an die ungeschriebenen Kleinstadtgesetze halten.
Da war jede Reise ein Zeitsprung, als würde man eine Zeitmaschine betreten und einen Ausflug in die Welt mit den Sitten und der Sexualmoral der 50er unternehmen.
"Der veilchenblaue Jungfernkranz steht wieder hoch im Preise"... Oops.
Ich hatte bei meinen Aufenthalten da "unten" Massen mehr an Freiheit als so einige der jungen Leute gleichen Alters,
denen ich im Süden gegegnete, Familie oder Bekannte, besonders junge Mädchen und Frauen,
aber alleine das Mit-Erleben so manchen unsinnigen zu strengen Verbotes und dessen Umsetzung und Begründung ließ mich schaudern. Nach einigen Wochen war es jedesmal soweit,
das ich mich täglich gen Norden sehnte, den Tag der Abfahrt Richtung Brenner kaum noch abwarten konnte, obwohl mir ja niemand etwas tat.
Ich hatte undefinierbare Schmerzen, war oft kurz vor dem Heulen, ich wurde da unten depressiv.
Ja, liebe Amaretta, diese undefinierbaren Schmerzen kenne ich nur zu gut. Man kann die Andersartigkeit dieser Gesellschaft mit den Händen greifen, aber auch nicht sonderlich gut definieren. Es ist ja auch viel weniger dieser unbedingte Familienzusammenhalt gegründet aus gegenseitigem Respekt und Rücksichtnahme, den wir uns dort erhofft hatten. In diesen Gesellschaften ist der soziale Zusammenhalt viel eher eine Art Burgfrieden nach außen, gegenüber konkurrierenden Clans, gegenüber den Ungläubigen, aber im Inneren der Festung wird gehauen und gestochen und schwelen die Leidenschaften. Aber darüber spricht man mit Außenstehenden nicht. Wegen der Familienehre. Wenn es doch bloß um Zurücknehmen zugunsten des Ganzen gehen würde, um Respekt und Zuneigung. Aber diese Zuneigung, so sie denn existiert, muß sich doch einem Kadavergehorsam bzw. zahlreichen Gesprächstabus unterwerfen. Und wenn ich etwas nicht tun darf, wer weiß dann schon noch, ob ich es freiwillig unterlasse oder nur, weil ich gezwungen werde. Wie kann man dann noch Menschen unterscheiden und bewerten, wenn sich alle demselben rigiden Moralkodex unterwerfen?
Amaretta hat geschrieben:SO hatte ich das nicht gemeint, mit den alten Werten.
Meine Zeitreisen, die Suche, das waren "Er-Forschungen", Überlegungen, Betrachtungen mit dem unausgesprochenen nicht klar bewusstem Ziel, Gutes aus dem Alten und Gutes aus dem Neuen
zu einer Art lebens-und liebenswerten NEUEN ALTEN KULTUR zu verschmelzen
.
Letzten Endes stelle ich nach Jahrzehnten fest, das ich diese nirgend wo gefunden habe
ausser in mir selbst, und das ich allein auf diesem Weg bleiben will und muss,
unabhängig von Bevormundungen und Kritiken anderer, egal aus welcher meinungs-bestimmen-wollenden Ecke die nun kommen.
Dazu muss ich auch wieder etwas näher erläutern.
Wenn diese unsere Gesellschaft noch eine Chanche hat bzw. diese nutzt, dann müssen wir diese Gesellschaft derart reformieren, daß es eben einen sozial-familären Zusammenhalt auf höherem Niveau gibt. Freiwillig, aus gegenseitiger Rücksichtnahme, freimütiger Diskussion, heftiger emotionaler und sachlicher Auseinandersetzungen inclusive, die jedoch zu einem konkreten Ergebnis führen müssen. Und von der Mehrheit der Menschen bejaht werden.

Ich persönlich denke, daß sich die Gesellschaft spiralförmig entwickelt. Alles kommt irgendwann einmal wieder, aber auf höherem Niveau des Bewußtseins und des Geistes. Erst dann werden die südländischen Zuwanderer hierzulande erkennen können, daß es sich lohnt, sich in diese Gesellschaft zu integrieren und ihr Modell, welches als Machtmittel fast ausschließlich sinnlos gewordene hirnloser Unterordnung unter Ältere oder Höherstehende, Gewalt, Ächtung und Nichtwahrhabenwollen zur Verfügung hat, ein Auslaufmodell ist. Solange diese Menschen wahrnehmen, daß hier jeder zwar machen kann, was er will, aber auch ohne Bindungen und Halt elendiglich geistig bzw. seelisch vor die Hunde geht, wenn ihn niemand freiwillig auffängt, werden sie ihre eisernen Regeln stets als den unseren überlegen ansehen. Sie sagen, wir seien dekadent. Und wenn wir so weitermachen, ohne unsere Kinder zu wirklich aktiv gestalteter Freizeit und verantwortungsvollem Umgang mit Freiheit und Wissen zu erziehen, solange wir nicht begreifen, daß man Geld nicht essen kann, solange werden wir kein attraktiver Pol für Zuwanderer werden jenseits großzügiger Sozialleistungen und milder Strafen bei Verbrechen, die sich dann plötzlich lohnen.
Amaretta hat geschrieben:Spätherbst sagt hier, dass unsere Vorfahren keinesfalls engstirnige Idioten waren.
Das sehe ich genauso. In der Zeit der Umbrüche, die bereits in 50ern begonnen und richtig heftig in den 60ern tobten,
und dabei in einer Art Übereifer ALLES ALTE in Frage gestellt, über Bord geschmissen, weil spiessig, konservativ,
verköchert, unmodern, wurde, hat man eine Grenze überschritten. Das Alte verpönt, das Neue jedoch unerprobt
und so wirkt es auf mich wie eine Haltlosigkeit, eine Orientierungslosigkeit. Dieses Loch, das enstand, weil das Alte negativ bewertete als Orientierung futsch war, wurde vollgestopft mit komischen Gurus, Baghwans,Jugendbewegungen aller Art, Hinwendung zu den Ländern der dritten Welt, Multi-Kulti und nicht zuletzt Frauenbewegung/Feminismus: Der Beginn dieses saudämlichen Geschlechterkampfes,
Ich persönlich sehe diese unsere Gesellschaft in einer Übergangsphase. Momentan finde ich vieles überzogen, das Pendel schlug von einem Extrem ins andere, ohne einen vernünftigen Mittelweg einzuschlagen, sei es in der Kriegsverbrechensbewältigung oder der Geschlechterverhältnisse und der Kindererziehung. Entweder wir finden einen neuen Konsens in diesen Fragen, mit mehr Konsequenz, mehr Anleitung in der Kindheit und Jugend, mehr Zuwendung, oder diese Gesellschaft wird zugrunde gehen. Freiheit ist etwas sehr schönes, aber nicht jeder kann gleich gut damit umgehen. Es gab mal ein Experiment mit Kindern, die 12 Jahre alt waren und ihr Zimmer ohne Anleitung in Ordnung halten mußten, ihren Tagesablauf selbst gestalten mußte. 8 Kinder verlotterten und wurden unordentlich und unpünktlich, nur 4 waren in der Lage, ihren Tagesablauf beizubehalten und ihr Zimmer in Ordnung zu halten. Ja, es ist nicht immer einfach, zu sagen, derjenige braucht nicht viel Anleitung, kann es alleine, aber der dort muß besser und strenger angeleitet werden. Das ist ja wie mit verschiedenen Kindern einer Familie. Jedes Kind braucht eine andere Erziehung, weil die Charaktere und Bedürfnisse ja bei jedem Kind anders sind. Aber in dieser Gesellschaft heißt es immer, alle müssen gleich behandelt werden, damit sich ja niemand ausgegrenzt oder diskriminiert fühlt. Deswegen erzählt der Reiseleiter einer komplett syrischen Reisegruppe zwar etwas vom Marlene-Dietrich-Platz, aber nichts über die Schauspielerin, obgleich die Syrer mit Sicherheit noch nichts von Marlene Dietrich gehört hatten. Wenn er es denn täte und es befände sich zufällig ein Syrer in der Gruppe, der sie kennt, dann könnte der sich ja womöglich darüber beschweren, daß ihn der arrogante deutsche Reiseleiter für dumm verkaufen würde. Also sagt der Reiseleiter gar nichts weiter zu Marlene Dietrich. Deshalb sagen so viele Menschen nichts, schweigen, wo sie reden sollten, und das Unheil nimmt seinen Lauf, die Kluft zwischen den Kulturen wird immer größer, weil der Austausch nur noch in eine Richtung stattfindet. Und meiner Meinung nach ist es die falsche.

LG
Steckchen
Die Liebe vernachlässigt diejenigen am meisten, die ihrer am meisten bedürfen.
(Madame de Rosemonde im Film: Gefährliche Liebschaften (Regie: Stephen Frears) 1988

Frei
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Re: Multi-Kulti-Tanz-Welten- trügerische Ideale ?

Beitrag von Frei » 01.10.2013, 16:08

Amaretta hat geschrieben:Hallo, Steckchen (und alle sonst die mitlesen)
ich wollte dir noch auf einige bestimmte Sätze aus deinen Beiträgen antworten,
aber heute ging ich durch eine Straße, durch die ich seit einiger Zeit (1-2 Jahre) wieder recht unbefangen gehen kann.
Das war einige Zeit überhaupt nicht so.
Darum noch ein Nachtrag zu der "Fallsammlung".

Ich habe eine Geschichte in meiner Sammlung multikultureller Beziehungsdramen nicht aufgeführt.
Jetzt habe ich nochmal die Berichte dazu zusammengesucht, leider finde ich keinen abschliessenden Artikel
mit dem Urteil des Gerichtes.

Es war einer der Sommer nach der Jahrtausendwende.
Wer runter an die Landungsbrücken geht, kann dort gegenüber das große Theaterzelt sehen, in dem das Musical
"König der Löwen" läuft. Er war in der Salsa-Szene eine Gesprächsthema bei vielen: Kennst du L? Er tanzt
bei König der Löwen. Hochachtung von allen Seiten, Stolz bei Cubanern auf einen der Ihren,
der- das lässt sich nicht leugnen- eine sehr gute Tanzausbildung und Erfolg hatte, bis zu dem grössten
Traum, ein festes Engagement.
Ich beachtete den Hype um L. nicht weiter, war mit meinen eigenen Projekten beschäftigt,
und war mir zudem sicher, würde ich diesen Typ kennenlernen, er würde sich wie leider so viele
als aufgeblasener, arroganter Frauenflachleger herausstellen, und die hatte ich gründlich satt.
Wie jeden Sommer fuhr das Salsa-Schiff. Es wurde angekündigt, das während der Elbe-Tour
der Musical Anleger angelaufen würde, um nach Showschluss einige aus der Tanztruppe an Bord zu nehmen,
Ehrengäste. Er [...]



LG Amaretta
Hallo liebste Amaretta, wie geht es dir? Bitte, von Steckchen habe ich von dieser Geschichte gewusst,

und bitte wie was das Zusammenleben zwischen der Frau und dem Mann.

Weisst Man/Frau etwas mehr darüber, welche Probleme das Ehepaar hatte?

Herzlichen Dank für eine Antwort, wenn es eine gibt, und mit liebsten Grüssen -

einen schönen Nachmittag.

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