Hallo Hülya,Hülya hat geschrieben:Nach 8 Wochen Türkeiaufenthalt war ich heute vormittag das erstemal wieder in München einkaufen. Ich muß dazu schreiben, ich war in vielen Städten in der Türkei und auf den Dörfern. Auf dem Weg zu dem Bus hörte ich kein "wohin", kein "warum bist Du alleine unterwegs" und keine 10mal "Hallo". Ich drehte mich mehrmals um, es waren viele Menschen unterwegs, aber keine sprach mit an. Auf der Einkaufsstraße bin ich friedlich und glücklich umhergeschlendert. Welch eine Freiheit, welch ein Genuß. In 2 Straßencafes war ich zwischendurch, und wurde sehr nett bedient. Ohne "alleine" "Wo kommst Du her" Hast Du Wohnung, oder bist Du im Hotel".
schön, daß das in München so ist. Zumindest in den deutschen Geschäften. Und natürlich, daß Du Deine Freiheit wiederhast. In Berlin machen jetzt jede Menge türkische Bäckereien bzw. Spätkäufe auf, wobei erstere davon profitieren, daß die Menschen in Krisenzeiten zu den Grundnahrungmitteln zurückkehren und beim Bäcker dann auch gerne mal eine belegtes Brötchen mitnehmen, um Zeit zu sparen, während letztere hauptsächlich von Nachtschwärmern oder Jugendlichen leben, denen in normalen Supermärkten der Kauf von Alkoholika untersagt ist.
Nun habe ich so eine türkische Bäckerei in meiner Nähe, wo sie ausgezeichnete Croissants gebacken haben. Da bin ich immer hin. Die Leute waren sehr nett und ich habe der einen Frau zu verstehen gegeben, daß ich ein paar türkische Wörter kenne, etwas über den Islam weiß - sie war mir eben sympathisch. Kurz darauf brach sie mit mir eine Diskussion vom Zaun, weil ich bei dem Wort "Viertel" das I vorne nicht lang genug gesprochen hatte, sondern eher trübe wie eben das türkische i ohne Punkt. Und sie wollte absolut nicht gelten lassen, daß das eben Dialekt sei und sie hier im Osten nicht erwarten könne, daß alle Leute perfektes Hochdeutsch sprechen würden. Sie schien es geradezu zu genießen, daß sie als Türkin mir als gebürtiger Deutscher meine Muttersprache erklären kann. Das fand ich schon seltsam.
Nach einigen Tagen fragte sie mich dann, wie es meinem Freund gehen würde, sie hätte ihn lange nicht gesehen. Ich stutzte, denn ich hatte zu dieser Zeit gar keinen Freund, dafür lungerten in der Bäckerei jedoch ein paar Cousins oder Freunde der Bäcker-Familie herum, die die hereinkommenden Kunden anglotzten und ansonsten nicht aussahen, als würden sie einer geregelten Arbeit nachgehen. Ich sagte der Dame also, daß ich doch noch nie mit einem Freund hierher gekommen sei, sondern immer alleine war und ob sie mich eventuell verwechselt hätte. Da sagte sie mir frech in die Augen: "Nein, du warst doch vor ein paar Wochen mit deinem Freund da." Ich sagte: "Nein, das kann nicht sein." Da wurde sie unsicher und fragte etwas leiser: "Hast Du einen Freund?" Und da war mir alles klar. Ich habe nach diesem billigen Aushorchmanöver diesen Laden erstmal nie wieder betreten und jetzt rücke ich mit Kind an und sie läßt solche Fragen auch besser bleiben.
Zweites Beispiel für Turkish Big Brother:
Im Real-Supermarkt bei mir um die Ecke gab es eine Zeitlang so einen türkischen Stand, der diese obligaten Mittelmeerspeisen verkaufte. Einmal war vor mir eine Frau an der Reihe, die etwas kaufen wollte und der Verkäuferin irgendwas Nettes sagte. Daraufhin fragte die türkische Verkäuferin sofort gezielt: "Wohnen sie hier in der Nähe?" Die Frau war erstmal geschockt, denn so eine Frage hat ihr als Kundin wohl noch niemand gestellt. Und dann sagte sie in breitem Berlinerisch: "Nee, det saaarick ihnen nich!" Die Verkäuferin machte einen auf Dumm und fragte mit großen Kulleraugen: "Ja wieso jetzt nicht?" "Det is'n Jeheimniss!", erwiderte die Frau. Und Ruhe wars. Ich weiß jetzt nicht, was die Verkäuferin mit der Frau vorhatte, aber ich glaube, diese Leute sondieren einfach irgendwie in alle Richtungen, ob sich für sie ein Vorteil ergeben könnte, der über die Kunden-Verkäufer-Beziehung hinausgeht und wenn man nicht aufpaßt, dann sitzt man plötzlich in der Falle. Also ich kann vor übergroßen Vertraulichkeiten in türkischen oder arabischen Geschäften nur warnen.
LG
Steckchen