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von Toffifee » 30.07.2015, 19:44
Wahnsinn. Habe mich jetzt durch die 16 Seiten gekämpft und bin wie Ihr ziemlich ratlos. Ich kann nicht nachvollziehen, dass bei einer Heirat in einem anderen Kulturkreis automatisch deutsche bzw. europäische Standards angesetzt werden. Mit welchem Recht? Ich finde das dem Bräutigam und seiner Familie gegenüber ziemlich respektlos, um den Spieß einfach mal umzudrehen... das wurde so allerdings auch schon geschrieben, dass KEINE ehrwürdige marokkanische Familie so eine Art der Eheschließung des einzigen Sohnes tolerieren würde. Warum denkst du nicht mal darüber nach, Belghazi? Auch wenn DU keine große Hochzeit willst, dann solltest du ihm zuliebe über deinen Schatten springen und ein tagelanges Freudenfest mit sämtlichen Verwandten, Freunden und Bekannten über dich ergehen lassen.
Und mal davon ganz abgesehen, wenn der Herr tatsächlich in Kanada studiert hat, wird er eventuell auch etwas von der westlichen Mentalität mitbekommen haben. KEINE nach westlichen Standards erzogene Frau, die "was auf dem Kasten hat" würde jemanden nach einer Woche kennenlernen heiraten, es sei denn, da stimmt was nicht... umgekehrt würde sich kein Mann, der sich gerne westlichen Standards anpassen möchte, mit so einer Frau zufrieden geben, was hat denn der für Ansprüche? Und was hast denn du für Ansprüche? Was macht dich so sicher, dass er der Mann fürs Leben ist? Für DEIN Leben und das deines Sohnes? Ihr gehört nun mal zusammen, ob du ihn nun gerne aus dem Thema rauslassen möchtest oder nicht, dein Sohn ist da, er war vor dem marokkanischen Linguisten-Informatiker-Mathelehrer da und wird auch noch nach ihm da sein.
Ich weiß, du willst es nicht hören, aber dein Sohn kann hier nicht einfach ausgeklammert werden. Mit meinem (deutschen) Freund bin ich seit sieben Jahren zusammen und wir sind erst letztes Jahr zusammengezogen, weil ich meinem Sohn (der ist nur unwesentlich älter als deiner) nicht zumuten wollte, erst unsere gemeinsame Wohnung zu verlassen, um ihn zu zwingen, nur auf meinen Willen hin mit jemandem zusammenleben zu müssen, den er vielleicht nicht mag, und dann nach ein bis zwei Jahren, wenn es nicht klappt, eben wieder umziehen zu müssen. Kinder sind egal in welchem Alter sehr sensibel, man sollte nicht einfach aus einer Laune heraus die Lebensumstände ändern. Dein Sohn kommt jetzt in die Pubertät und das wird eh noch ein Spaß. Wenn er sich dann noch von dir zurückgesetzt fühlt, weil du auf Teufel komm raus deinen Stiefel durchziehen willst, dann wünsch ich dir jetzt schon starke Nerven.
Kein Mensch kann dich dafür verurteilen, wenn du jetzt verliebt bist, das kann jedem passieren, aber vergiss bitte nicht, dass du Verantwortung hast, nicht nur für dich. Wovor hast du denn Angst, was passiert denn deiner Meinung nach, wenn du deinem Traumtypen sagst, du möchtest dir gern noch ein wenig Zeit lassen (mindestens ein Jahr, das ist immerhin die bei uns übliche Mindest-Verlobungszeit), da man in Deutschland normalerweise nicht gleich nach dem ersten Kennenlernen heiratet, und er möge sich bitte einen Kopp machen, wie ER es ermöglicht, dass ihr euch in der Zeit ausgiebig kennenlernt. Du weißt NICHTS über ihn, rein gar nichts!!! Du weißt vielleicht, wie er aussieht, wenn er Tee trinkt oder sich mit seinem Vater zankt, aber du weißt nicht, wie er auf Alltagssituationen reagiert. Wird er es hinnehmen, wenn du dich nach der Arbeit noch spontan mit einer Freundin (oder gar einem Freund) triffst? Wird er auch mal die Klobürste in die Hand nehmen? Kann er seine Socken waschen? Dir auch mal was zu essen kochen, wenn du einfach mal keinen Bock drauf hast? Das sind alles solche Sachen, die man wissen sollte, bevor man jemanden in sein Leben lässt.
Ich wünsche dir alles Gute.