Liebe Alexa-Gabrielle und liebe Steckchen,
danke für eure netten Worte *freu*. Ich finde dieses Forum gut, denn nur durch Information können wir uns schützen.
Für mich ist es manchmal ein wenig schwierig, hier zu schreiben, eine Art Gratwanderung, denn einerseits mag ich das Land und die Menschen sehr gerne, andererseits verabscheue ich die bewusste Touristenabzocke und Bezness aufs Ärgste, aber dazwischen sehe ich auch eine Grauzone, eine Ebene sozusagen, auf der die Basis für Abzocke entsteht, ohne dass man der einen oder anderen Seite die Verantwortung dafür geben könnte. Die eher auf beiderseitiger Unkenntnis der Mentalität und Missverständnissen beruht. Und wenn meine Infos da irgendwie helfen könnten, würde ich mich freuen.
Ich kenne einen jungen Mann mit verkrüppelten Händen und Füßen, der in einer Artistengruppe auftritt. Normalerweise bekamen die Artisten für ihre Auftritte bei einheimischen Festen etc. Essen und Trinken und ein wenig Trinkgeld. Irgendwann fing die Gruppe an, auch in Hotels aufzutreten, auch in unserem. Ich wies in unseren morgendlichen Gästebriefen ganz bewusst darauf hin, dass, wenn man ein Trinkgeld geben wolle, umgerechnet 15 - 30 Cent völlig ausreichend seien. Kaum jemand hielt sich daran
Eines Abends saß ich mit einem belgischen Ehepaar am Tisch und schaute einem Auftritt zu. Die Belgier waren sehr begeistert über das Können und den Lebensmut und die Lebensfreude der Behinderten-Truppe und ich erzählte ein bisschen von dem jungen Mann und seinem Hintergrund. Fehler!! Aber hinterher ist man immer schlauer. Den Artisten war verboten, die Gäste anzusprechen, aber ich sah, wie die Belgier nach dem Auftritt das Gespräch mit dem jungen Mann suchten. Also ging ich hin. Sie erkundigten sich nach seinem Leben, seiner Behinderung, seiner Herkunft und erwähnten irgendwann im Laufe des Gespräches beiläufig, dass sie zum ersten Mal in Afrika seien und außer dem Hotel noch nichts gesehen hatten. Logischerweise MUSSTE aus senegalesischer Höflichkeit und Gastfreundschaft heraus daraufhin der junge Mann die Belgier zu einem Besuch in sein Heimatdort einladen, alles andere wäre in seinen Augen absolut unhöflich gewesen. Ich dachte mir nichts dabei, da ich ihn und seine Familie und sein Dorf kenne und organisierte ein Taxi für die Belgier und gab ihnen einige Tipps.
Die Familie ist sehr arm, aber ich wusste, dass sie Essen auffahren würden, wenn die Belgier kommen, das gehört sich so, deshalb sagte ich dem Ehepaar, wenn sie bewirtet würden und sie sich erkenntlich zeigen wollten, sollten sie der Hausfrau (und NUR der Hausfrau!) beim Abschied umgerechnet 3 Euro geben und sagen, das sei für Bonbons für die Kinder der Familie. Nichts und niemandem sonst (denn der Mann hatte von ihnen sowieso schon zu viel Trinkgeld bei seinem Auftritt bekommen). Die Belgier kamen zurück und waren begeistert vom Erlebten, aber auch betroffen über die Armut. Und was erfahre ich? Sie hatten der Hausfrau 20 Euro für das Essen und dem jungen Mann 50 Euro für die Begleitung und den schönen Tag gegeben. Da man Gäste nicht so mir nichts dir nichts erwürgen darf, hab ich bloß gesagt, dass das unklug war, denn sie wüssten doch, dass das mehr als ein Monatslohn der gesamten Familie war. Ja, aber sie hatten einfach Mitleid. Verständlich, aus unserer Sicht.
Langer Rede kurzer Sinn, ich habe den Mann daraufhin beobachtet, natürlich hat er begonnen, Gäste anzuquatschen und in sein Dorf einzuladen, ich hab's ihm dann nachdrücklich verboten, aber er verstand den Unterschied nicht zwischen seiner ursprünglichen unbedarften Einladung und seinem folgenden Business-Versuch. Weil er nämlich gar nicht die Motivation der Belgier verstanden hatte, nämlich dass sie einfach Mitleid hatten (und Mitleid kennt er aus seinem Umfeld überhaupt nicht), sondern dachte, wow, Europäer sind so reich und freigiebig, die zahlen soo viel Geld um mein Dorf zu sehen, da kann ich ein Geschäft draus machen. Tja, wer hat 'Schuld'?
Hoppla, sorry, lang geworden
LG
Babs