Hallo,
ich bin froh, daß es jetzt diese Rubrik gibt, denn meines Wissens gibt es noch kein Forum, wo über Heiratsschwindelei und Geldabzocke bei verliebten Frauen in Deutschland durch Deutsche berichtet wird. Mir ist es insgesamt zweimal passiert, daß sich Heiratsschwindler an mich herangemacht hatten. Das eine Mal passierte ca. 2003 auf dem Rummel: Er sprach mich an, wirkte schüchtern, war aber gutaussehend und charmant. Aber irgendwie hatte ich das Gefühl, daß diese Schüchternheit eine Masche sei. Ich dachte mir aber, irgendwie muß Mann die Frauen ja ansprechen. Er sagte mir, er wüßte nicht, wie er es mir sagen soll, aber er würde mich sehr attraktiv finden. Ich trank ein Glas Sekt mit ihm und verabredete mich einige Tage später mit ihm in einer Kulturwerkstatt, wo es ein Festival gab. Dort angekommen, beschwerte er sich sofort darüber, daß das Mauerwerk sehr ungepflegt sei, überall Pflanzen aus den Mauern wuchsen und überhaupt sei das ganze Ambiente sehr schäbig und marode. Keine Chance ihm etwas vom pittoreksen Flair des Alters und der Unordnung zu vermitteln.
Er erzählte die ganze Zeit von seinen tollen Geschäften, seinen zwei Autos und machte mir das Angebot, mich als seine Fahrerin zu beschäftigen und zu bezahlen, weil er aufgrund einer Erkrankung nicht lange Autofahren könne. Er war, so sagte er mir, gerade aus Mallorca zurückgekommen und müsse sich jetzt in Deutschland erst einmal eingewöhnen. Nach zwei Wochen zeigte er mir auch sein Appartment, welches sehr klein war und voller Aktenordner, die sehr unbenutzt wirkten. Da schliefen wir das erste Mal miteinander. Er bot mir an, mir die Fahrschule zu spendieren, sagte aber sehr eindringlich, daß ich das nicht nur machen sollte, weil ich das Geld dafür sparen wolle, sondern weil ich ihn lieben sollte. Wir gingen ein paar mal miteinander tanzen. Dann zeigte er mir ein Appartment im Berliner Umland, welches er vermakeln sollte. Ich schaute es mir an und er pries ständig die Vorzüge dieser Wohnung. Wir gingen noch beim Italiener essen und fuhren dann zu mir nach Hause. Ich hatte ein schales Gefühl, was er wohl mit seinem Ausflug bezweckt hatte. Denn er hatte mir zwischenzeitlich erzählt, daß er Schulden hätte, auch lange krankgewesen sei, was sich allerdings zeitlich mit seinem Mallorcaaufenthalt überhaupt nicht vertrug. Er zeigte mir auch einmal eine Internetseite mit Immobilien auf Mallorca, wo er einige davon vermakeln würde. Das waren aber u.a. solche Angebote, wo mehrere Leute ein Appartment kaufen und es dann alle, jedoch zu verschiedener Zeit nutzen können. Von diesen Angeboten rät man gemeinhin ab. Und einige klitzekleine Kleinigkeiten fielen mir auf, die ebenfalls nicht zusammenpaßten in seinem abenteuerlichen Lebens-Erzähl-Mosaik.
Eines Tages waren wir in einer Bar. Dort wollte ich ihm eine Kurzgeschichte von einer halben DinA4-Seite zeigen, die ich selbst geschrieben hatte. Er schaute auf das Blatt, legte es nervös weg und erklärte mir, dafür jetzt keine Nerven zu haben. Ich fand das ziemlich respektlos und unverschämt, wenn ich ihm schon ein Produkt meiner Gefühls- und Gedankenwelt zum Erleben anbot, daß er dies so schnöde abwies. Ich beschloß daraufhin für mich, die Beziehung zu beenden. Am selben Abend rief er mich an und erfüllte meinen Wunsch. Er meinte, es sei ihm zu teuer, jeden Abend 50 Euro für uns zu bezahlen. Ich meinte, wenn dies für ihn so teuer sei, wie könne er sich dann zwei Autos leisten? Und überhaupt: Entweder solle er nicht so herumprotzen, wenn er doch nicht genügend Geld hätte, einen schönen Abend zu gestalten und wenn er doch genügend Geld hätte, aber es nicht für einen schönen Abend mit mir verschwenden wolle, dann wäre das ebenfalls für ihn und mich ein guter Grund, die Beziehung zu beenden.
Eine Freundin sagte mir später, daß er meine Kurzgeschichte nur deshalb nicht hatte lesen wollen, weil er vielleicht Analphabet sei. Von diesen Leuten gibt es ja so einige in unserem Land. Und einige von ihnen sind sehr erfinderisch, dieses Manko zu verbergen und ihre Phantasie nutzen sie dann bestimmt auch anderweitig Ich weiß nicht, ob meine Freundin wirklich recht hat, aber sein seltsames Benehmen im Lokal schrie geradezu nach dieser Erklärung, wenn ich es im Nachhinein bedenke. Alles in allem glaube ich, er war am Anfang zu perfekt und der Umschwung zu Problemen, die er hatte, kam zu schnell und zu heftig, als daß ich das ohne weiteres geglaubt hätte.
Meine Chefin, der ich von der Begegnung erzählte, meinte, auf dem Rummel und auf Volksfesten würden sich viele solcher Gestalten herumtreiben, die nur darauf warten, daß eine gutverdienende, glücklich-enthemmte Singelfrau vorbeikommt, die es anzubaggern lohnt. Und ich solle froh sein, ihn so schnell erkannt zu haben.
LG
Steckchen
Vorsicht auf dem Rummel
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Vorsicht auf dem Rummel
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(Madame de Rosemonde im Film: Gefährliche Liebschaften (Regie: Stephen Frears) 1988
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Re: Vorsicht auf dem Rummel
Aus gegebenen Anlass wird von einem anderen Forenmitglied davor gewarnt am Autoscooter zu stehen.
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IMMANUEL KANT
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