Thema "Scheinehe"

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Die zuletzt lacht
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Thema "Scheinehe"

Beitrag von Die zuletzt lacht » 05.03.2012, 14:18

Scheinehe – Voraussetzungen und FolgenVeröffentlicht am 15. Mai 2011 in Auslandsbezug, Eheaufhebung, Fachanwalt für Familienrecht Wille, Gesetzesvorhaben, International, Scheinehe, Verfahrenskostenhilfe, Zukunft

© Hugo Berties/ fotolia.de
Wie hoch die tatsächliche Anzahl von Scheinehen in Deutschland ist, kann keiner sagen. Viele Scheinehen bleiben unentdeckt.

1. Was ist eine Scheinehe?
Eine Scheinehe liegt vor, wenn die Eheleute nur “formal” geheiratet haben, in Wirklichkeit eine eheliche Lebensgemeinschaft im Sinne einer Verantwortungsgemeinschaft ablehnen (vgl Palandt, BGB Kommentar, §1314 Rn. 14). Scheinehen sind solche Ehe, bei denen sich beide Ehegatten bei Eheschließung darüber einig waren, dass sie keine Lebens- und Verantwortungsgemeinschaft i.S.d. § 1353 Abs. 1 Satz 2 BGB miteinander eingehen wollen. In einige Fällen wird von einer Seite ein Geldbetrag für die Eingehung der Ehe gezahlt. In einigen Fällen wird eine Scheinehe eingegangen, um einem Ausländer die Aufenthaltsberechtigung für Deutschland zu geben.

Folgende Indizien können auf eine Scheinehe deuten:
• die fehlende Aufrechterhaltung der Lebensgemeinschaft;
• das Fehlen eines angemessenen Beitrags zu den Verpflichtungen aus der Ehe;
• die Ehegatten sind sich vor ihrer Ehe nie begegnet;
• die Ehegatten machen widersprüchliche Angaben hinsichtlich ihrer jeweiligen Personalien (Name, Adresse, Staatsangehörigkeit, Beruf), der Umstände ihres Kennenlernens oder sonstiger sie betreffender wichtiger persönlicher Informationen;
• die Ehegatten sprechen nicht eine für beide verständliche Sprache;
• für das Eingehen der Ehe wird ein Geldbetrag übergeben (abgesehen von den im Rahmen einer Mitgift übergebenen Beträgen bei Angehörigen von Drittländern, in denen das Einbringen einer Mitgift in die Ehe gängige Praxis ist);
• es gibt Anhaltspunkte dafür, daß ein oder beide Ehegatten schon früher Scheinehen eingegangen sind oder sich unbefugt in einem Mitgliedstaat aufgehalten haben.

(Quelle: Entschließung des Rates 97/C 382/01 vom 4. Dezember 1997 über Maßnahmen zur Bekämpfung von Scheinehen; Amtsblatt C 382 vom 16.12.1997 vgl. unter http://europa.eu/legislation_summaries/ ... 063_de.htm)

2. Auflösung der Scheinehe durch Aufhebung der Ehe
Solange die Scheinehe nicht aufgedeckt wird, führt sie zu den gesetzlichen ehelichen Rechtsfolgen, d.h. sie führt zu Unterhaltsverpflichtungen, Zugewinnausgleichsansprüchen, etc. Die “Scheinehe” kann aufgehoben werden, sobald festgestellt wird, dass keine Lebens- und Verantwortungsgemeinschaft zwischen den Ehepartnern besteht. Die Scheinehe stellt einen eigenen Grund zur Aufhebung der Ehe gemäß § 1314 Abs. 2 Nr. 5 BGB dar:

„Eine Ehe kann aufgehoben werden, wenn beide Ehegatten sich bei der Eheschließung darüber einig waren, dass sie keine Verpflichtung gemäß § 1353 I BGB begründen wollen.“

Die Aufhebung der Ehe führt zur Auflösung der Ehe für die Zukunft und erfolgt nach Antrag durch Urteil.
Der Aufhebungsgrund beruht auf die Missbilligung der Eheschließungsmotivation. Denn die Ehe wird nur formal mit dem Ziel geschlossen, keine Verpflichtung zur ehelichen Lebensgemeinschaft und keine gegenseitige Verantwortung zu begründen.
Antragsberechtigt ist jeder Ehegatte und die zuständigen Verwaltungsbehörden, die von der Landesregierung bestimmt sind und, die nur in Härtefällen von der Antragstellung absehen sollen (§ 1316 III BGB). Der Antrag ist nicht befristet, sodass die Aufhebung der Scheinehe immer möglich ist. Aufgehoben können jedoch nur bestehende Ehen – also keine geschiedene oder bereits durch Tod aufgelöste Ehe - werden.

Gemäß § 1313 Satz 1 und 2 BGB wirkt die Eheaufhebung nur für die Zukunft. Die Ehe ist dann voll gültig bis zur Rechtskraft des Aufhebungsurteils. Dies gilt auch beispielweise für die Vaterschaft des Ehemannes. Der Scheinehepartner wird insofern Vater des Kindes seiner Scheinehepartnerin gemäß § 1592 BGB sein, wenn er zum Zeitpunkt der Geburt mit ihr verheiratet ist.

Ab der Rechtskraft des Aufhebungsurteils richten sich die Rechtsfolgen der Aufhebung der Scheinehe nach dem § 1318 BGB. Im Gegensatz zu der Scheidung bestehen ein Unterhaltsanspruch sowie ein Anspruch auf Zugewinn und Versorgungsausgleich bei Aufhebung der Ehe von nicht, weil sie dem Wesen der Scheinehe als nicht ernstlich gewählter Pflichtengemeinschaft widersprechen. Zumindest wären solche Ansprüche grob unbillig. Das Trennungsjahr ist im Fall der Eheaufhebung nicht zu beachten.

Anstatt einen Antrag auf Aufhebung der Ehe zu stellen, dürfen sich die Partner einer Scheinehe voneinander scheiden lassen. Die Durchführung einer Scheidung dauert länger als einer Eheaufhebung. In der Trennungszeit können auch Trennungsunterhaltsansprüche drohen.

Da die Aufhebung auch durch den Einsatz der Verwaltungsbehörde möglich ist, ist wichtig zu wissen, dass die Aufhebbarkeit der Scheinehe nur in bestimmten Umständen ausgeschlossen ist. Die Aufhebbarkeit der Scheinehe wird nur ausgeschlossen, wenn die Ehegatten tatsächlich eine Lebens- und Verantwortungsgemeinschaft aufnehmen und die Ehe also wechselseitig bestätigen (§1315 I Nr. 5 BGB).

3. Rechtsfolgen einer Scheinehe
a) Scheinehen begründen keinen Anspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels (BverwGE 107, 58 (64)).

b) Für den Ausländer liegt ein bedeutendes Risiko vor, seine Aufenthaltserlaubnis nicht zu bekommen oder zu verlieren.
Nach drei Jahren Bestandszeit einer ehelichen Gemeinschaft kann grundsätzlich eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis aus familiären Gründen erteilt worden. Aber die Ausländerbehörden sind mit der Erteilung eines Aufenthaltstitels sehr vorsichtig. Sollten sich aus der Sicht der Behörde begründete Zweifel am Vorliegen einer familiären Lebensgemeinschaft ergeben, können diese Anlass von Nachforschungen sein. Die Behörde kann den Ausländer und den Stammberechtigten vorladen und dessen persönliches Erscheinen anordnen, um sie zu befragen. Wird die Scheinehe festgestellt, hat der Ausländer keinen Anspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels. Außerdem muss der Ausländer damit rechnen, seine Aufenthaltserlaubnis zu verlieren, wenn das Bestehen einer Scheinehe den Ausländerbehörden bekannt wird. Denn die Feststellung eines Nichtbestehens der familiären Lebensgemeinschaft führt zur behördlichen Aufhebung eines Aufenthaltstitels zur Herstellung und Wahrung der Familieneinheit.

c) Weiterhin sind Scheinehen strafbar. Das Eingehen einer Ehe mit einem Ausländer allein zu dem Zweck, diesem den Aufenthalt in Deutschland zu ermöglichen, erfüllte nach dem OLG Düsseldorf (Az.:2 b Ss 542/99) den Tatbestand des Einschleusen von Ausländern gemäß § 92 a AuslG. Nach der Neufassung des Aufenthaltsgesetzes ergibt sich eine Strafbarkeit aus § 95 Abs. 2 Nr.2 AufenthG. Falsche Angaben gegenüber der zuständigen Behörde zur Erschleichung eines Aufenthaltstitels oder einer Duldung sind strafbar. Bestraft wird jeder, der falsche Angaben macht oder benutzt, um für sich oder für einen anderen eine Aufenthaltserlaubnis oder eine Duldung zu beschaffen. Betroffen ist dann der Ausländer wie der Deutsche, der eine Scheinehe eingeht und falsche Angabe äußert.

d) Die Ehe kann wie o.g aufgehoben werden. Antragsberechtigt ist jeder Ehegatte und die Verwaltungsbehörde.

e) Die weiteren Rechtsfolgen richten sich dan nach §1318 BGB. Bei einer Scheinehe besteht kein nachehelicher Unterhaltsanspruch.

4. Gesetz gegen Zwangsheirat
Am 17.03.2011 hat der Bundestag ein neues Gesetz gegen Zwangsheirat verabschiedet. Das Gesetz soll sofort nach Verkündung in Kraft treten. (vgl. Artikel 8 des Gesetzentwurf). Der gesamte Gesetzestext ist hier einzusehen: http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/17/044/1704401.pdf.
Wer eine Person zur Eheschließung zwingt, kann mit bis zu fünf Jahren Haft bestraft werden.
Das Gesetz enthält auch Auswirkungen für ausländische Ehepartner: künftig wird beim Scheitern von Ehen erst nach drei statt bislang zwei Jahren ein eigenständiges Aufenthaltsrecht an ausländische Ehepartner erteilt. Ziel dieser Veränderung soll es sein, auch Scheinehen zu erschweren.

Im Zusammenhang mit Scheinehen wurde laut Polizeilicher Kriminalstatistik (PSK) im Jahr 2009 gegen 1.698 Tatverdächtige ermittelt. Im Jahr 2000 lag diese Zahl mit 5.269 Personen höher (Quelle: http://www.bpb.de/themen/3PNTBU).

5. Verfahrenskostenhilfe
Der Antrag auf Gewährung von Verfahrenkostenhilfe für eine Klage auf Aufhebung einer Scheinehe ist nicht rechtsmissbräuchlich. So hat der BGH am 30.03.2011 (Az.: XII ZB 212/09) entschieden. (mehr). Im Ergebnis bedeutet dies, daß es auch für eine Scheinehe Verfahrenskostenhilfe geben kann.

weitere Urteile und interessante Themen unter:

www.unterhalt24.com

Blutstropfen

Re: Thema "Scheinehe"

Beitrag von Blutstropfen » 27.03.2012, 23:45

Hallo,

ich finde den Text sehr interessant.
Ich bin nun aber leicht verwirrt, da mir immer gesagt wurde eine einseitige Scheinehe gibt es nicht??

Könnte ich das beantragen? Ich habe aber ein Kind mit meinem Bezzi, das aber nur gezeugt wurde, damit er Papiere bekommt.

Ich habe alles der AUsländerbehörde mitgeteilt.


Der nette Herr macht sich arm und zahlt eh kein cent und ich möchte schnellstmöglich geschieden werden, was er künstlich in die Länge zieht.

Oder habe ich das alles nicht richtig verstanden??

Stern
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Re: Thema "Scheinehe"

Beitrag von Stern » 28.03.2012, 03:10

Ich bin nun aber leicht verwirrt, da mir immer gesagt wurde eine einseitige Scheinehe gibt es nicht?
Das ist auch so. Auch im Eingangsbeitrag steht nichts anderes - guckst Du:
Scheinehen sind solche Ehe, bei denen sich beide Ehegatten bei Eheschließung darüber einig waren, dass sie keine Lebens- und Verantwortungsgemeinschaft i.S.d. § 1353 Abs. 1 Satz 2 BGB miteinander eingehen wollen.

Bezness ist hingegen eine sehr einseitige Angelegenheit und keine Scheinehe. Leider müssen sich die abgezockten und betrogenen Ehepartner ganz normal scheiden lassen. Aber auch das ist eines Tages Vergangenheit. Hauptsache ist doch, dass man sein eigenes Leben zurück bekommt.

Liebe Grüße, Stern.

Jakobs_Weg
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Registriert: 29.03.2008, 08:34

Re: Thema "Scheinehe"

Beitrag von Jakobs_Weg » 29.03.2012, 17:06

Schlepperring: 99 Täter ausgeforscht

Das Landeskriminalamt Wien und die Polizei München haben einen Schlepperring ausgehoben. Die Mitglieder der Bande sollen durch Scheinehen illegal Aufenthaltskarten erworben haben. Neun Mitglieder und 90 Beitragstäter wurden laut Polizei ausgeforscht.

Zum vollständigen :arrow: Artikel bei ORF.at (klick)
LG, Jakobs_Weg

Nein, nicht alle Orientalen sind Beznesser!

brighterstar007

Re: Thema "Scheinehe"

Beitrag von brighterstar007 » 05.04.2012, 14:50

Hallo,

was meinst du mit neun Mitglieder ? Mitglieder von wem oder was ? Wer hat da wen ausgeforscht ? Die
Polizei die potentiellen Täter ?

Liebe Grüße

Brighterstar

Efendi II
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Registriert: 04.04.2008, 21:59

Re: Thema "Scheinehe"

Beitrag von Efendi II » 05.04.2012, 18:13

Blutstropfen hat geschrieben: Ich bin nun aber leicht verwirrt, da mir immer gesagt wurde eine einseitige Scheinehe gibt es nicht??

Könnte ich das beantragen? Ich habe aber ein Kind mit meinem Bezzi, das aber nur gezeugt wurde, damit er Papiere bekommt.
Nein, natürlich nicht.
Denn die Ehe wurde ja auch vollzogen und hat stattgefunden.
Auch wenn ein Ehepartner die Ehe (von vornherein) mit unlauteren Absichten eingegangen ist,
war es eine richtige Ehe und keine Scheinehe.

Schließlich gab und gibt es auch hierzulande Ehen, die nicht unbedingt aus beidseitiger Liebe geschlossen werden,
sondern weil sich ein Partner irgendwelche Vorteile verspricht und anstrebt.
Toleranz ist die letzte Tugend einer untergehenden Gesellschaft.
- Aristoteles -

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