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von Míral » 28.05.2011, 15:51
Hallo Habebty,
da ihr trotz Fernbeziehung ja schon ziemlich intensiv über eine gemeinsame Zukunft sprecht und da auch schon ganz schön konkret in die Details geht, würde mich interessieren, wie eure Beziehung genauer aussieht. Wie alt seid ihr, wie oft sprecht ihr euch, wie oft seht ihr euch? Immer in Italien? Du schreibst, ihr habt euch im Urlaub kennen gelernt. War das in Italien oder in Ägypten? Warst du 2 Mal mit ihm in Ä, oder bevor du ihn kanntest? Wie habt ihr euch kennen gelernt? Wie gut kennst du seinen Onkel und seine Tante in Italien, wie unterhaltet ihr euch und wie verhalten sie sich dir gegenüber?
Was mich an deiner Geschichte stutzig macht, ist, dass er einerseits italienisch geprägt ist, andrerseits aber sofort über Heirat spricht und auch gleich in die Richtung plant (Wohnung, Schmuck, sprechen darüber, dass er bis zu seiner Aufenthaltsgenehmigung warten will etc). Mal ehrlich, in welcher Fernbeziehung spricht schon so früh über Heirat und plant in der Hinsicht? Man muss sich doch erst mal richtig kennen lernen. Er hingegen verhält sich in dieser Hinsicht total konservativ. Du kannst dir aber sicher sein, dass er ein Mensch nicht nur in einer Richtung konservativ ist. Er wird sich, spätestens nach der Hochzeit auch in vielen anderen Dingen konservativ verhalten. Das bedeutet, egal, was er vorhat, eine eventuelle Ehe mit ihm wird für dich kein Zuckerschlecken. Denn selbst wenn er jetzt noch zu Kompromissen bereit ist, ist es nicht unwahrscheinlich, dass sich das nach der Hochzeit von einem auf den anderen Tag ändert.
Wenn er nur 2-3 Mal im Jahr in die Kirche geht, kann er ja zu seinem Priester kein so enges Verhältnis haben. Warum will er dich ihm dann vorstellen? Würdest du ihm deinem Pfarrer vorstellen? Bist du überhaupt religiös? Wenn nicht, willst du es werden, das müsstest du mit ihm zwangsläufig. So weit ich weiß, werden in der koptischen Kirche keine Hochzeiten zwischen unterschiedlichen Konfessionen geschlossen, auch nicht zwischen zwei christlichen. Mein ehemaliger koptischer „Bekannter“ hatte das zumindest ausgeschlossen. Beide Partner müssen koptisch sein. Eventuell will er langsam darauf hinarbeiten, dass du irgendwann von selbst anbietest zu konvertieren. Ich würde darauf wetten, dass er oder der Priester irgendwann davon anfängt, Dinge zu sagen wie „es ist besser, wenn die Eltern die gleiche Religion haben, damit sie bei der Kindererziehung eine gemeinsame Linie verfolgen können“ etc. So kann eine sehr subtile Manipulation aussehen, ein langfristiges, ganz vorsichtiges Hinwirken auf bestimmte Ziele. Kein Drängen, was dich vielleicht abstoßen würde. Nein, ein vorsichtiges Heranführen an bestimmte Themen, so dass du am Ende noch denkst, du wärst selbst auf die Idee gekommen.
Auf so ein Vorgehen seinerseits würde ich auch bei anderen Themen achten. Letztendlich bist du doch bei allem, was sein Leben und seine (Vor)Geschichte angeht, auf Informationen aus seinem Mund angewiesen. Du kannst das meiste nicht wirklich überprüfen. Und ehrlich gesagt, die Geschichte mit dem Hin- und Herreisen als Jugendlicher von Ä nach Italien und dass seine Eltern kopt-kath. verheiratet waren, klingt für mich irgendwie wild. Es gibt Katholiken in Ä, allerdings sind die Kopten und die Katholiken untereinander nicht gut Freund. Beide sind äußerst konservativ und beanspruchen die Wahrheit für sich. Auch wenn äg. Kopten sich gern westlich-modern darstellen, sind sie in der Praxis genau so konservativ wie Moslems dort.
Seltsamerweise findet man bei den seltensten Fällen von Männern, die latent unter Beznessverdacht stehen, einfach „ganz normale“ Lebensläufe. Da gibt es ständig solche Geschichten, die beweisen sollen, dass sie „ganz anders“ sind und aufgeschlossen und modern und was nicht alles. Auf so was hätte ich auf jeden Fall ein Auge.
Ich bin sehr gespannt darauf, wie dein Treffen mit seiner Mutter und Schwester ablaufen wird. Ich kann dir nur den Rat geben, viel mehr darauf zu achten, was du tatsächlich erlebst, als darauf, was er dir erzählt. Wie Morena schon schrieb, die arabische Höflichkeit wird ihn dir viele Dinge erzählen lassen, die nicht unbedingt eins zu eins stimmen müssen, v. a. was seine Familie, Religion und Kultur angeht.
Mein nächster Punkt ist: es ist super, dass du vorsichtig bist und aufpasst, ihn hinterfragst. Aber selbst angenommen, es sei nicht nötig, weil er ein ganz anständiger Kerl ist: wann willst du / kannst du dir dessen ganz sicher sein? Frühestens in ein paar Jahren, wenn er seinen Aufenthalt sicher hat? Willst du es dir antun, so lange eine Beziehung mit Misstrauen und Unsicherheit zu führen? Mir persönlich wäre das zu anstrengend, v.a. auf die Entfernung, wo man eh nur die Hälfte vom Leben des anderen mitkriegt und um so mehr auf Vertrauen angewiesen ist und darauf, dass man sich auf die Ehrlichkeit des andren verlassen kann.
V.a. wenn er bestimmte Themen, die für ursprünglich gar nicht so relevant waren und zu denen du vielleicht gar keine Meinung hast, immer wieder anschneidet und dir immer wieder seine bestimmte Meinung präsentiert, wäre ich vorsichtig, ob er nicht eine Manipulation damit bezweckt.
LG, Miral
Die Dinge haben nur den Wert, den man ihnen verleiht.
Molière