Hallo Belghazi,
als ehemalige Betroffene bin ich hier seit Jahren stille Mitleserin und schreibe nur recht selten. Dein Thread aber wühlt mich auf und lässt mich fassungslos zurück!
Meinen tunesischen Bezzi lernte ich 1993 im Urlaub kennen, Heirat 1995, Scheidung 2002 und ich stand vor den Trümmern meines Lebens - mit gerade mal 27 Jahren.
Ich habe ihn in den knapp 1.5 Jahren bis zur Hochzeit mehrmals besucht, u.a. auch bei ihm zu Hause meinen Urlaub verbracht und dachte voller Naivität, ich würde ihn kennen. Wir haben damals in Deutschland geheiratet und mit dem Tag der Eheschließung hat sich dieser "wundervolle, liebenswerte Mann", den ich so sehr liebte, dass ich für ihn durch's Feuer gegangen wäre (und bin) gewandelt und seine hässliche Fratze gezeigt. Natürlich alles unter dem Deckmäntelchen, dass er ja wegen mir seine Freunde und Familie aufgegeben hat und voller Heimweh sei.
Ich muss, will und werde nicht alles wiederholen, was die vielen UserInnen vor mir bereits schrieben, aber ich möchte auf einen speziellen Punkt eingehen, den Ponyhof schrieb.
Ponyhof hat geschrieben:
Was mich ein bisschen irritiert ist deine tatsächliche finanzielle Situation. Einerseits sagst Du, du würdest arbeiten und könntest ihn hier mit finanzieren ("nix Vater Staat"), andererseits wohnst du bei Deinen Eltern, bist alleinerziehend und hast "noch nie das Meer gesehen", und kannst dir auch keinen weiteren Flug nach Marokko leisten, sodass du "gezwungen" bist, dieses hohe Risiko einzugehen. Das passt für mich nicht zusammen, sorry. Könnte es sein, dass du die laufenden Kosten für deinen Beznesser unterschätzt? Es ist nicht nur so, dass es einen zusätzlichen Esser gibt (das kann man je nach kulinarischem Anspruch mit 100 Euro im Monat abdecken), sondern Dinge wie Klamotten, evtl. Führerschein, Fahrrad/Monatskarte, Laptop/Computer, Handy, Genussmittel etc. und vor allem die monatlichen Zuwendungen an die Familie müssen auch finanziert werden. So schnell findet er hier keine Arbeit.
Als mein Bezzie Ende Oktober 1994 am Flughafen stand, hatte er einen leichten Koffer mit ein paar Bekleidungsstücken bei sich, die weder für den Herbst, noch den bevorstehenden Winter in Deutschland geeignet waren. Als erstes musste dieser Mann also erst einmal vollständig neu eingekleidet werden. Und natürlich hatte er da bereits seine Ansprüche.
Ich lebte damals (19 Jahre) noch bei meinen Eltern, hatte meine Ausbildung im Sommer 1994 beendet und mein erstes eigenes Gehalt im Öffentlichen Dienst. Die zahlen nicht so schlecht, selbst wenn man gerade erst ausgelernt ist. Für mich allein also ein gutes Geld, finanzielle Probleme hatte ich nicht, kannte sowas auch nicht von meinen Eltern.
Im Januar 1995 heirateten wir, suchten uns eine gemeinsame Wohnung und lebten ab März 1995 zusammen in unserer Wohnung (davor gemeinsam bei meinen Eltern). Ich finanzierte die komplette Wohnungsausstattung allein, ein paar Dinge schenkten uns meine Eltern.
Damals gab es noch keine Verpflichtung eines Deutschtestes. Er bekam mit seiner AE die Arbeitserlaubnis aber hatte erst einmal gar nicht vor, sich eine Arbeit zu suchen, da er sich so "malade" fühlte (er war 21). Ich finanzierte also ALLES allein und das Geld ronn mir durch die Finger. Der edle Herr rauchte nur Marlboro, bestand auf seinen teuren Gin mit Tonic, brauchte Geld zum shoppen und um sich mit seinen neu gefundenen arabischen Freunden zu treffen. Es musste Geld nach Tunesien geschickt werden, weil immerzu Jemand krank war oder Papa nach Mekka pilgern wollte. Es begann, dass ich am Monatsende kein Geld mehr hatte, um Lebensmittel zu kaufen. Meine Familie half aus, meine Mutter kam mit gefüllten Tüten aus dem Supermarkt, damit wir etwas im Kühlschrank hatten. Irgendwann platzte dann die Abbuchung der Miete, und auch im nächsten Monat hatte ich kein Geld mehr für die Miete. Ich saß bitterlich weinend bei meinen Eltern, und wieder sprangen sie ein, halfen mir aus der Patsche. Im gleichen Atemzug erklärte er, er brauche Geld für ein Flugticket nach Tunesien, weil er unbedingt seine Familie besuchen müsse. Meine Eltern sagten ihm, das ginge so nicht, er verließ die Wohnung (wie immer, wenn es Probleme gab). Später, als wir allein waren, bekam ich dann meine Strafe. Wann immer es nicht nach seinem Kopf ging, wurde er verbal aggressiv und ließ sich an Wohngegenständen und Mobilar aus. Über die Zeit schüchterte er mich damit so sehr ein (ich hatte furchtbare Angst vor ihm), dass ich ihm alles gab, was er verlangte. Auch sein Flugticket nach TN.
Nach seiner Rückkehr aus Tunesien bemüßigte er sich dann, Arbeit zu suchen. Er fand Jobs als Reinigungskraft (gelernt hatte er angeblich Autoschlosser), hatte aber immer Probleme mit den Vorgesetzten, die weiblicher Natur waren, und von denen er sich nichts sagen ließ. Aber immerhin floss mal zusätzliches Geld in die Familienkasse - dachte/hoffte ich. Ich sah aber von seinem Geld niemals auch nur einen Pfennig! In den 7 Jahren unserer bestehenden Ehe hat er niemals auch nur einen lumpigen Pfennig zur Miete, irgendwelchen Anschaffungskosten, Lebensmitteln oder sonstigem beigetragen. Wirklich absolut NICHTS. Ich habe alles allein finanziert.
Getoppt wurde das Ganze noch davon, dass ihm irgendwann in den Sinn kam (schließlich mache das ein TN-Kumpel mit seiner Frau auch so), dass ich mein Gehalt am 15. des Monats komplett bei ihm abzugeben habe (abzüglich Miete, Strom, Telefon, Versicherung - wurde abgebucht). Ich musste ihn dann bitten, wenn ich von
meinem verdienten Geld mal 5 Mark für Kaffee und Zeitung unterwegs haben wollte. Er kaufte ausschließlich im Discounter die billigsten Dinge für mich ein. Selbst aß er meistens auswärts mit seinen arabischen Freunden. Auch flog er regelmäßig im Sommer nach TN und spielte sich da entsprechend auf. Für mich war das immer die Zeit zum durchatmen. Anfangs vermisste ich ihn noch, denn ich liebte ihn (ja, verdammt). Aber mit den Jahren war es pure Erleichterung, wenn er für einige Wochen weg war und ich mal keine Angst vor ihm haben musste (wobei das ein extra Thema ist. Er hat mir meine Würde genommen und aus Angst habe ich alles mit mir machen, und mich erniedrigen lassen).
Ca. 2 Jahre vor dem Ende unserer Ehe wollte er dann ein Haus für seine Familie in TN kaufen. Er bekam keinen Kredit bei der Bank, also musste ich ran. Ich wusste, dass das mein "Ruin" wird und ich seinen Beteuerungen, dass er mir die monatlichen Raten zurückzahlen würde, wie alles nur heiße Luft sind. Ich bat ihn, dies nicht von mir zu wollen. Seine Reaktion war, dass er Mobilar zerschlug und sich aus dem Fenster stürzen wollte. Ich hatte panische Angst, hielt ihn fest. Er war wie von Sinnen, ich bereit, alles zu tun, damit er sich (und mir) nichts antut. Ich nahm also diesen großen Kredit auf, den ich noch lange nach der Scheidung abbezahlte, den schließlich lief er ja einzig auf meinen Namen.
Belghazi, mir ist bewusst (und das weiß ich auch aus den vielen Berichten, die ich hier gelesen habe), dass nicht jeder Fall so extrem ist, wie meiner. Aber auch in deinem Fall kommt da ein Mann nach Deutschland, der komplett bei Null startet, ganz sicher kein Geld in den Taschen hat, und dem du hier erst einmal den Start finanzieren musst. Wenn du nicht einmal Geld für einen zweiten Flug nach Marrokko hast, frage ich mich, wie du ihn hier finanzieren willst - bzw. frage du dich das ganz ehrlich. Wie Ponyhof schon ganz richtig schrieb, handelt es sich nicht nur um einen Esser mehr am Tisch, sondern um einen Menschen, der Ansprüche und Bedürfnisse hat, und mit leeren Händen kommt.
Ich muss gerade ein bisschen schmunzeln, auch wenn das Thema wahrlich nicht zum lachen ist. Zu meiner Zeit, respektive unserer Kennlernzeit und dem ersten Jahr in Deutschland gab es noch nicht einmal Handys oder Laptops/PC's. Das ging alles erst kurz danach so richtig los. Diese Finanzierung blieb mir zwar erspart, dafür telefonierte er unzählige Male mit TN über das Festnetztelefon und bescherte erst meinen Eltern und später mir monatliche Telefonrechnungen von 300-500 D-Mark.
Und alles war völlig selbstverständlich für ihn!!!
Ich merke in all deinen Antworten, dass du dich für unbeirrbar hältst und deine Einstellung zu dieser bevorstehenden Heirat manifestiert ist. Aber ich nehme mir das Recht heraus dir zu sagen, dass du völlig naiv bist und ich damit auch meine Fassungslosigkeit erkläre. Einen Menschen, den man lediglich 7 Monate via Internet/Skype sieht und hört, noch nie persönlich erlebt, gefühlt, gerochen hat, heiraten zu wollen, zeugt von keinem erwachsenen, aber auch keinem intelligenten Verhalten (Entschuldigung, wenn ich dir damit zu nahe trete). Und in dem Fall ist es auch völlig unabhängig davon, ob es ein Bezzie ist oder nicht. Ich wäre genauso schockiert, wenn es ein deutscher/europäischer Mann wäre. Dass es ausgerechnet auch noch ein Bezzie ist (und das ist er!!), kommt on top dazu.
Ich wünsche deinem Sohn von Herzen alles Gute. Aber ich befürchte, seine Seele wird nicht heil aus der Sache hervorgehen. Und was ein Bezzie mit einer Seele anrichten kann, spüre ich selbst heute noch, obwohl ich mittlerweile 40 Jahre alt bin. Ich habe es nie ganz geschafft, alles zu verarbeiten und trage heute noch die Folgen mit mir.