Hallo, liebe kirschtorte,
eigentlich wollte ich mich hier heraushalten, weil ich erst kürzlich auf Deinen Thread gestoßen bin und ihn noch gar nicht vollständig gelesen habe.
Doch nun lese ich dies:
kirschtorte hat geschrieben: ↑08.04.2022, 14:55
Er ist mal wieder total explodiert, hat rumgeschrien, wollte plötzlich gehen Mitten im Abendessen der Kinder. Ich bin dann natürlich auch sauer geworden und hab gemeckert warum er so schreit und einfach gehen will und er hat mir dann leicht eine gehauen.
Das alarmiert und entsetzt mich, liebe kirschtorte, und ist der Anlass für mich, Dir hier zu schreiben.
Warum muss er überhaupt in Deine Wohnung? Ich meine, irgendwo im Forum gelesen zu haben, dass für den Kontakt zu den Kindern auch fremde Räumlichkeiten zur Verfügung gestellt werden können (evtl. beim Jugendamt?). Dort wärt Ihr geschützt.
Möglicher Weise versuchen Deine Kinder, Dir auf irgendeine Weise beizustehen. Doch sie sind der Situation in keiner Weise gewachsen, auch dann nicht, wenn sie sich verständig zeigen. Auf jeden Fall aber leiden sie!
Heranwachsende haben nicht die Belastbarkeit eines Erwachsenen!
Vielleicht hilft es Dir, wenn ich Dir das Folgende deutlich und aus eigenem Erleben heraus vor Augen führe. Auf keinen Fall möchte ich Dich erschrecken oder Dich verletzen, allenfalls ein wenig an Dir rütteln.
Als Kind und Jugendliche habe ich selbst die Stelle einer Freundin bei meiner Mutter vertreten und war viele Jahre lang ihre einzige Vertraute. Ich habe ihr Leid verstehen können (Gewalt durch meinen Vater war auch im Spiel), war aber viel zu jung, um es verkraften zu können. Auch wenn sie nichts sagte, genügte mir ein einziger Blick in ihr Gesicht. Ich konnte ganz genau deuten, wie sie sich fühlte. Es kam der Zeitpunkt, an dem sie meine Unterstützung auch erwartete, ja, eigentlich forderte. Dass mich die häusliche Situation völlig überforderte und überlastete, nahm ich damals nicht wahr bzw. ich verdrängte es. Für mich als Kind war es ja Normalität.
Wenn diese Überforderung nicht nachlässt, kann sich später ein Gefühl der Verachtung der Mutter gegenüber einstellen. Ich habe das so erlebt, konnte es aber erst als Erwachsene benennen und verarbeiten.
Eine erstrebenswerte Mutter-Tochter-Beziehung hat sich daraus nicht entwickelt. Da meine Mutter mir gegenüber keine Rücksicht entwickeln konnte, habe ich irgendwann (so ca. im Alter von 18 oder 19 Jahren) begonnen, mit der gleichen Rücksichtslosigkeit ihr gegenüber zu reagieren.
Auf meine späteren persönlichen Beziehungen hatte das permanente Gefühl der Überlastung aus Kindertagen verheerende Auswirkungen. Wiederholt hatte ich mir als Erwachsene genau die mir allzu bekannten Situationen geschaffen und die bedrückende Verantwortung gesucht, die mir als Kind aufgezwungen wurde und bin damit regelmäßig gescheitert. Erst durch eine langjährige Therapie konnte ich mich aus diesem Kreislauf lösen.
Liebe kirschtorte, ich halte es für sehr wichtig, dass Du Deine Kinder vor weiteren emotionalen Traumas schützt. Denn genau diese sind es, aus denen sich später emotionale Abhängigkeiten entwickeln können. Da ich Dir unbesehen glaube, dass Du Deine Kinder liebst, dann, bitte, übernehme ihren Schutz!
Ganz sicher haben Deine Kinder schon mehr mitbekommen, als sie ohne Hilfe verarbeiten können. Bitte lasse Dich von den Behörden unterstützen, wenn Du keine Freunde oder Nachbarn an Deiner Seite hast. Ich drücke Euch ganz, ganz fest beide Daumen und wünsche Euch, dass Ihr aus diesem Teufelskreis heraustreten könnt!
Herzliche und liebe Grüße
StrivingForLight
"Und wenn du das Gefühl hast, dass gerade alles auseinander zu fallen scheint, bleib ganz ruhig ...
es sortiert sich gerade neu!"
Autor unbekannt