Natürlich stellte ich irgendwann einen Vergleich zu meiner eigenen Beziehung an, und dabei merkte ich, dass mein marokkanischer Ehemann sich in Hinblick auf Liebesworte und –schwüre immer sehr bedeckt behalten hatte. Nicht, dass ich das jemals schlimm gefunden hätte – im Gegenteil, ich fand es einfach ganz normal: Er benahm sich ja diesbezüglich nicht anders als jeder deutsche Mann; er verhielt sich, vor dem Hintergrund meiner damaligen Unbedarftheit hinsichtlich des Bezness-Themas (von dem ich bei unserem Kennenlernen ja nicht einmal ansatzweise etwas ahnte) in meinen Augen eben ganz einfach wie ein ganz normaler Mann. Nun ja, in einigen Punkten wie ein ganz normaler katholischer Mann, besonders in Hinblick auf den ersten Punkt:
1. Er machte mir ziemlich bald einen Heiratsantrag (was eine katholisch erzogene Frau von einem Mann, der es ernst mit ihr meint, auch ziemlich bald erwartet).
Dann
2. erklärte er mir, was er von unserer Ehe erwartete und wollte von mir genau wissen, was ich von unserer Ehe erwarten würde – er teilte also in gewisser Weise die Rollen mit mir auf.
3. Bei Themen, die für den jeweils anderen von uns sozusagen „kulturfremd“ waren, diskutierten wir teilweise tage- und wochenlang, um Kompromisse zu finden (z.B. Männerbesuche, Feiern und Alkohol, unser Verhalten als „Vierer-WG“ (meine Töchter waren ja noch dabei, unser Ehevertrag).
4. Als ich ihn fragte, warum er mich heiraten wolle, obwohl ich fast 10 Jahre älter sei als er, meinte er, er hätte „ein gutes Gefühl“ bei mir und er würde sich bei mir „ruhig“ fühlen. Ich sei katholisch, das wäre schon mal sehr gut, ich würde regelmäßig einmal in der Woche meine Mutter besuchen, und für ihn würden bei mir etwa 60 % stimmen. Das wäre eine gute Ausgangsbasis, und um die restlichen 40% müssten wir uns im Verlauf unserer Ehe selbst bemühen. Mit einer guten Absicht auf beiden Seiten hätte eine Ehe zwischen uns also gute Chancen. (Ihr merkt schon: Er ist Mathematiker!)
Mir war seine Art und Weise, eine gemeinsame Basis für unsere Ehe aufzustellen, vertraut und deswegen auch Vertrauend erweckend. Sie gefiel mir. Nun ja. Und welche Frau erwartet schon von einem Mann, und dazu noch von einem Naturwissenschaftler, ernsthaft irgendwelche poetischen Ergüsse und Liebesschwüre?!? – Ich bestimmt nicht, und, ehrlich gesagt, ich nehme mal an, dass mich so etwas mehr als misstrauisch hätte werden lassen! Wie hätte ich einem deutschen Mann glauben sollen, wenn er mir plötzlich, ohne mich überhaupt näher zu kennen, heftige Liebesschwüre gemacht hätte? Absurder Gedanke!!
Wie gesagt: Ich wusste damals nichts von arabischen Liebhabern und Bezness, und ich nahm ihn deswegen als ganz normalen Mann, wie ich auch jeden deutschen Mann genommen hätte. Natürlich war ich verliebt in ihn, auf eine ein wenig mütterliche Weise – er war goldig und verspielt und dazu doch ehrgeizig und sehr intelligent. Und er, nun ja, er ist ein Mann, bei ihm lag seine Angezogenheit von mir sicher etwas anders gelagert, aber gefühlsmäßig ging es doch nicht tiefer!
Die erste verbale Liebeserklärung, die mein Mann mir überhaupt gemacht hat, war während unserer Zweitfrau-Krise im April dieses Jahres, ihr wisst schon, als ich auf die 1001-Seite ging, indem er, als wir keinen gemeinsamen Ausweg zu finden schienen, ganz verzweifelt sagte, mehr zu sich selbst als zu mir: „… und soll ich jetzt die Frau, die ich liebe, verlieren wegen dieser Sache?“
Eigentlich haben wir beide erst durch diese Krise gemerkt, wie wichtig wir füreinander sind, wie wichtig unsere Gefühle füreinander geworden sind, und wie sehr wir uns durch unsere Gefühle füreinander auch verändert haben. Es ist ein bisschen schwer auszudrücken, weil alle diese Dinge ineinander spielen, eine eigene Dynamik entwickeln, die man nicht einfach so linear auseinander pflücken kann. Na ja.
Als unsere Krise dann abklang, machte er mir seine zweite verbale, wunderschöne Liebeserklärung, die ich aber erst Tage später als solche verstand: Er blickte mich nachdenklich an und sagte dann: „Wenn man jung ist, denkt man, eine Frau wäre nur für S.. . Aber dann, irgendwann, merkt man, das eine Frau viel mehr ist als das. Dass der S.. gar nicht das Wichtigste ist. Eine Frau macht alles schön. Sie macht das Zuhause schön, aber nicht nur das Zuhause. Sie macht das Leben schön, auch wenn man weg ist, einfach, weil sie da ist.“
Fazit: Mein Mann liebt mich. Aber er hat mir das während unserer ganzen Zeit miteinander nur zweimal gesagt.
Deswegen stelle ich jetzt mal diese (vielleicht gewagte) These auf: Ein Mann, gleich welcher Nationalität, der eine Frau mit Liebesworten und –schwüren überschüttet, zeigt ihr damit auf eindeutige Weise, dass irgendetwas bei ihm nicht stimmt.
Bei einem deutschen Mann würden bei jeder deutschen Frau vermutlich sehr schnell die Alarmglocken klingeln, wenn er es mit einer so „plumpen Anmache“ versuchen würde.
Aber bei einem Ausländer geht diese Gleichung bei vielen offenbar nicht auf.
Dabei scheint es mir mittlerweile durchaus so, dass frau bei einem Ausländer, und besonders bei einem Araber, wohl eher noch MEHR davon ausgehen muss, dass etwas mit ihm nicht stimmt, wenn er mit Liebesworten und –schwüren um sich wirft: Ich habe nämlich angefangen, meine persönlichen Nachforschungen anzustellen in diesem Bereich – was gar nicht so einfach ist!

Was ich herausgefunden habe, ist Folgendes: Arabische Männer wachsen mit der Idee auf, dass Frauen (außer ihren eigenen Müttern) etwas potentiell sehr Gefährliches sind, vor dem ein Mann sich Zeit seines Lebens in Acht nehmen muss. Das Gefährlichste an den Frauen ist dabei ihre Anziehungskraft, die sie auf die Männer besitzen, und der die Männer sich fast hilflos ausgeliefert fühlen (allerdings nur „fast“, weil sie in ihren religiösen Prinzipien einen Schutz davor finden können). In ihrer Anziehungskraft auf sich selbst als einen Angehörigen des männlichen Geschlechts sieht der Mann die unheimliche, geheimnis- und verhängnisvolle Macht der Frau, und diese Macht zu schwächen, empfindet er als sein lebenslanges, innerstes Anliegen (ich glaube, dass das bei allen Männern so ist, aber bei arabischen Männern scheint das noch extremer ausgeprägt zu sein als bei europäischen. Oder vielleicht sind die arabischen Männer da einfach nur ehrlicher? Deutsche Männer können auch zu tödlich gefährlichen Monstern werden, wenn es darum geht, die weibliche Macht zu begrenzen und in den Griff zu bekommen!)
Dieser „Krieg der Geschlechter“ tobt überall unter der dünnen Oberfläche unserer Zivilisation, denke ich. Aber in Arabien wird dieser Krieg einfach noch offensichtlicher geführt. Denn um einen Krieg handelt es sich schließlich … aber was wäre der Krieg ohne die Liebe? Es gäbe ihn nicht. Ebenso wenig, wie es die Liebe ohne den Krieg gäbe … denn jede Liebe birgt ja ihrerseits wieder den Krieg, den Tod, in ihrem Schlepptau. So ist das auf der Erde, jedenfalls. Im Paradies mag es anders sein … aber dort sind wir eben nicht.
Die Männer müssen also, ob sie nun wollen oder nicht, sich der Liebe stellen. Oder sollte ich vielleicht besser sagen, „die Menschen“? – Wir Frauen haben vielleicht oft einen natürlicheren Zugang zur Liebe – aber ich denke, auch wir kennen die Angst vor ihr. Jeder Mensch, außer vielleicht kleinen Kindern, kennt sie.
Also versuchen wir Menschen wenigstens, die Liebe in pragmatische, gut übersichtliche Bahnen (gesellschaftliche Konventionen, oder, arabisch ausgedrückt „Ehre“) zu lenken: In Gebote aus Ehe, Treue, Rollenverpflichtungen. Gemeinsamer Erwerb irdischen Besitzes, Aufzucht der Kinder. Gegenseitige Hilfe in allen Lebenslagen. Schutz und Treue gegen Dienst und Treue.
Die Liebe wird durch diese Gebote sozusagen „zivilisiert“, wie ein wildes, gefährliches und unberechenbares Tier, das domestiziert wird. In jeder Kultur ist das so, aber in der arabischen sieht man es eben besonders stark.
So, und jetzt komme ich zum Punkt: In jedem Mann, und besonders im arabischen, steckt diese tief verwurzelte Angst vor dem wilden, gefährlichen, unberechenbaren Tier, das der Liebe in ihrem Wesen eigen ist. Wieso sollte ein Mann also, zumal wenn er Araber ist, sozusagen „schlafende Hunde wecken“? Wieso sollte er diesem Tier Nahrung geben durch Liebesworte und Liebesschwüre? Wieso sollte er die ihm unheimliche Macht der Frau auch noch stärken und seine eigene Position schwächen, indem er ihr beständig von seiner Liebe spricht?
Nein, nein. Ihr müsst zugeben, dass das alles keinen Sinn macht. Deswegen meine These:
Ein Mann, gleich welcher Nationalität, der eine Frau mit Liebesworten und –schwüren überschüttet, zeigt ihr damit auf eindeutige Weise, dass irgendetwas bei ihm nicht stimmt.
Natürlich wäre ich begeistert, wenn sich auch andere Frauen aus diesem Forum an meinem „Forschungsprojekt Worte wie Viren“ beteiligen würden – also inwiefern sei meine oben genannte These als stimmig erachten oder nicht. Es müssten natürlich Frauen sein, die in einer ernsthaften Beziehung mit einem Araber leben oder gelebt haben, nicht in einer Bezness-Beziehung.
Aber ich glaube, dass eine solche „Viren-Studie“ tatsächlich helfen könnte, andere Frauen vor diesen „Worten wie Viren“ zu bewahren.
Was meint ihr?
P.S. Es gibt ja keine PN mehr auf dieser Seite. Die Frauen, die mir außerhalb dieses Forums gerne schreiben wollen, können mir gerne schreiben unter xxx