Tucholsky und andere Lebensweisheiten

zum Thema Bezness

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felixhenn
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Re: Urlaub Sharm el Sheik ....

Beitrag von felixhenn » 19.12.2012, 01:03

Dagmar hat geschrieben:Felix, ich wollte dich keineswegs angreifen! Natürlich kann man "prüfen", was dabei heraus kommt, zeigen die aktuellen Scheidungszahlen. Ich habe auch lange "geprüft" und mich dabei vertan. :evil:
PS.: Dagmar, ich sehe an Deiner Signatur, dass Du gerne Tucholsky magst. Der gefiel mir auch immer sehr gut, ich glaube ich habe alle seine Werke. Aber hier mal was für die Vorweihnachtszeit:

Wo kommen die Löcher im Käse her –?



Das Werk zwingt schon durch die Gelehrsamkeit, die in ihm verkocht erscheint, Bewunderung ab, besonders einem Leser wie mir, dessen Bildung an Emmentaler Käse erinnert, indem sie wie dieser größtenteils aus Lücken besteht.
Alfred Polgar

Wenn abends wirklich einmal Gesellschaft ist, bekommen die Kinder vorher zu essen. Kinder brauchen nicht alles zu hören, was Erwachsene sprechen, und es schickt sich auch nicht, und billiger ist es auch. Es gibt belegte Brote; Mama nascht ein bißchen mit, Papa ist noch nicht da.
»Mama, Sonja hat gesagt, sie kann schon rauchen – sie kann doch noch gar nicht rauchen!« – »Du sollst bei Tisch nicht reden.« – »Mama, guck mal die Löcher in dem Käse!« – Zwei Kinderstimmen, gleichzeitig: »Tobby ist aber dumm! Im Käse sind doch immer Löcher!« Eine weinerliche Jungenstimme: » Na ja – aber warum? Mama! Wo kommen die Löcher im Käse her?« – »Du sollst bei Tisch nicht reden!« – »Ich möcht aber doch wissen, wo die Löcher im Käse herkommen!« – Pause. Mama: »Die Löcher ... also ein Käse hat immer Löcher, da haben die Mädchen ganz recht! ... ein Käse hat eben immer Löcher.« – »Mama! Aber dieser Käse hat doch keine Löcher! Warum hat der keine Löcher? Warum hat der Löcher?« – »Jetzt schweig und iß. Ich hab dir schon hundertmal gesagt, du sollst bei Tisch nicht reden! Iß!« – »Bwww –! Ich möcht aber wissen, wo die Löcher im Käse ... aua, schubs doch nicht immer ... !« Geschrei. Eintritt Papa.

hier geht es weiter: http://www.textlog.de/tucholsky-loecher-kaese.html

felixhenn
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Re: Urlaub Sharm el Sheik ....

Beitrag von felixhenn » 19.12.2012, 01:14

Dagmar hat geschrieben:Felix, ich wollte dich keineswegs angreifen! Natürlich kann man "prüfen", was dabei heraus kommt, zeigen die aktuellen Scheidungszahlen. Ich habe auch lange "geprüft" und mich dabei vertan. :evil:
Sorry wenn ich noch einen ranhänge. Dein :evil: Zeichen zeigt, dass Du Dich noch ärgerst. Vielleicht ist es noch nicht so lange her und damit verständlich. Nach einer gewissen Zeit solltest Du aber in der Lage sein, die positiven Momente herauszufiltern und Dich nur an die erinnern. Die anderen werden nämlich auch nicht besser wenn Du die innerlich immer wieder aufkochst. Das Aufkochen wird nämlich immer nur Dich alleine belasten. Hass und Liebe sind wohl Gefühle der gleichen Medaille. Jedoch ist keine Person meiner Vergangenheit es wert, dass ich sie oder ihn hasse, egal wie schlimm die gegen mich agiert haben. Das höchste was ich für die tun kann, ist Ignorieren. Und dabei bleibt es. Ich werde mir mein Herz nicht mit Negativem belasten, dazu ist mir meine Pumpe viel zu wertvoll.

Gruß
Felix

Leonessa
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Re: Urlaub Sharm el Sheik ....

Beitrag von Leonessa » 19.12.2012, 02:17

Hallo Felix,

danke für den herrlichen Tucholsky!

Köstlich finde ich auch das hier:
Der Mensch hat zwei Beine und zwei Überzeugungen: eine, wenn’s ihm gut geht, und eine, wenn’s ihm schlecht geht. Die letztere heißt Religion.
Der Mensch ist ein Wirbeltier und hat eine unsterbliche Seele, sowie auch ein Vaterland, damit er nicht zu übermütig wird.
Der Mensch wird auf natürlichem Wege hergestellt, doch empfindet er dies als unnatürlich und spricht nicht gern davon. Er wird gemacht, hingegen nicht gefragt, ob er auch gemacht werden wolle.
Der Mensch ist ein nützliches Lebewesen, weil er dazu dient, durch den Soldatentod Petroleumaktien in die Höhe zu treiben, durch den Bergmannstod den Profit der Grubenherren zu erhöhen, sowie auch Kultur, Kunst und Wissenschaft.
Der Mensch hat neben dem Trieb der Fortpflanzung und dem, zu essen und zu trinken, zwei Leidenschaften: Krach zu machen und nicht zuzuhören. Man könnte den Menschen gerade zu als ein Wesen definieren, das nie zuhört. Wenn er weise ist, tut er damit recht: denn Gescheites bekommt er nur selten zu hören. Sehr gern hören Menschen: Versprechungen, Schmeicheleien, Anerkennungen und Komplimente. Bei Schmeicheleien empfiehlt es sich, immer drei Nummern gröber zu verfahren als man es gerade noch für möglich hält.
Der Mensch gönnt seiner Gattung nichts, daher hat er die Gesetze erfunden. Er darf nicht, also sollen die andern auch nicht.
Um sich auf einen Menschen zu verlassen, tut man gut, sich auf ihn zu setzen; man ist dann wenigstens für diese Zeit sicher, dass er nicht davonläuft. Manche verlassen sich auch auf den Charakter.
Der Mensch zerfällt in zwei Teile:
In einen männlichen, der nicht denken will, und in einen weiblichen, der nicht denken kann. Beide haben sogenannte Gefühle: man ruft diese am sichersten dadurch hervor, dass man gewisse Nervenpunkte des Organismus in Funktion setzt. In diesen Fällen sondern manche Menschen Lyrik ab.
Der Mensch ist ein pflanzen- und fleischfressendes Wesen; auf Nordpolfahrten frißt er hier und da auch Exemplare seiner eigenen Gattung; doch wird das durch den Faschismus wieder ausgeglichen.
Der Mensch ist ein politisches Geschöpf, das am liebsten zu Klumpen geballt sein Leben verbringt. Jeder Klumpen hasst die andern Klumpen, weil sie die andern sind, und hasst die eignen, weil sie die eignen sind. Den letzteren Hass nennt man Patriotismus.
Jeder Mensch hat eine Leber, eine Milz, eine Lunge und eine Fahne; sämtliche vier Organe sind lebenswichtig. Es soll Menschen ohne Leber, ohne Milz und mit halber Lunge geben; Menschen ohne Fahne gibt es nicht.
Schwache Fortpflanzungstätigkeit facht der Mensch gern an, und dazu hat er mancherlei Mittel: den Stierkampf, das Verbrechen, den Sport und die Gerichtspflege.
Menschen miteinander gibt es nicht. Es gibt nur Menschen, die herrschen, und solche, die beherrscht werden. Doch hat noch niemand sich selber beherrscht; weil der opponierende Sklave immer mächtiger ist als der regierungssüchtige Herr. Jeder Mensch ist sich selber unterlegen.
Wenn der Mensch fühlt, dass er nicht mehr hinten hoch kann, wird er fromm und weise; er verzichtet dann auf die sauren Trauben der Welt. Dieses nennt man innere Einkehr. Die verschiedenen Altersstufen des Menschen halten einander für verschiedne Rassen: Alte haben gewöhnlich vergessen, dass sie jung gewesen sind, oder sie vergessen, dass sie alt sind, und Junge begreifen nie, dass sie alt werden können.
Der Mensch möchte nicht gern sterben, weil er nicht weiß, was dann kommt. Bildet er sich ein, es zu wissen, dann möchte er es auch nicht gern; weil er das Alte noch ein wenig mitmachen will. Ein wenig heißt hier: ewig.
Im übrigen ist der Mensch ein Lebewesen, das klopft, schlechte Musik macht und seinen Hund bellen lässt. Manchmal gibt er auch Ruhe, aber dann ist er tot.
Neben den Menschen gibt es noch Sachsen und Amerikaner, aber die haben wir noch nicht gehabt und bekommen Zoologie erst in der nächsten Klasse.
Ich werde mal wieder dort in Berlin-Moabit vorbeischaun, wo er geboren wurde. Vielleicht hat sich ja dort endlich was getan.

LG
Leonessa
Der beste Weg, einen Freund zu haben, ist der, selbst einer zu sein.
(Ralph Waldo Emerson)

felixhenn
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Re: Urlaub Sharm el Sheik ....

Beitrag von felixhenn » 19.12.2012, 18:06

Leonessa hat geschrieben:Hallo Felix,

danke für den herrlichen Tucholsky!

Köstlich finde ich auch das hier:
Der Mensch hat zwei Beine und zwei Überzeugungen: eine, wenn’s ihm gut geht, und eine, wenn’s ihm schlecht geht. Die letztere heißt Religion.
Der Mensch ist ein Wirbeltier und hat eine unsterbliche Seele, sowie auch ein Vaterland, damit er nicht zu übermütig wird.
Der Mensch wird auf natürlichem Wege hergestellt, doch empfindet er dies als unnatürlich und spricht nicht gern davon. Er wird gemacht, hingegen nicht gefragt, ob er auch gemacht werden wolle.
Der Mensch ist ein nützliches Lebewesen, weil er dazu dient, durch den Soldatentod Petroleumaktien in die Höhe zu treiben, durch den Bergmannstod den Profit der Grubenherren zu erhöhen, sowie auch Kultur, Kunst und Wissenschaft.
Der Mensch hat neben dem Trieb der Fortpflanzung und dem, zu essen und zu trinken, zwei Leidenschaften: Krach zu machen und nicht zuzuhören. Man könnte den Menschen gerade zu als ein Wesen definieren, das nie zuhört. Wenn er weise ist, tut er damit recht: denn Gescheites bekommt er nur selten zu hören. Sehr gern hören Menschen: Versprechungen, Schmeicheleien, Anerkennungen und Komplimente. Bei Schmeicheleien empfiehlt es sich, immer drei Nummern gröber zu verfahren als man es gerade noch für möglich hält.
Der Mensch gönnt seiner Gattung nichts, daher hat er die Gesetze erfunden. Er darf nicht, also sollen die andern auch nicht.
Um sich auf einen Menschen zu verlassen, tut man gut, sich auf ihn zu setzen; man ist dann wenigstens für diese Zeit sicher, dass er nicht davonläuft. Manche verlassen sich auch auf den Charakter.
Der Mensch zerfällt in zwei Teile:
In einen männlichen, der nicht denken will, und in einen weiblichen, der nicht denken kann. Beide haben sogenannte Gefühle: man ruft diese am sichersten dadurch hervor, dass man gewisse Nervenpunkte des Organismus in Funktion setzt. In diesen Fällen sondern manche Menschen Lyrik ab.
Der Mensch ist ein pflanzen- und fleischfressendes Wesen; auf Nordpolfahrten frißt er hier und da auch Exemplare seiner eigenen Gattung; doch wird das durch den Faschismus wieder ausgeglichen.
Der Mensch ist ein politisches Geschöpf, das am liebsten zu Klumpen geballt sein Leben verbringt. Jeder Klumpen hasst die andern Klumpen, weil sie die andern sind, und hasst die eignen, weil sie die eignen sind. Den letzteren Hass nennt man Patriotismus.
Jeder Mensch hat eine Leber, eine Milz, eine Lunge und eine Fahne; sämtliche vier Organe sind lebenswichtig. Es soll Menschen ohne Leber, ohne Milz und mit halber Lunge geben; Menschen ohne Fahne gibt es nicht.
Schwache Fortpflanzungstätigkeit facht der Mensch gern an, und dazu hat er mancherlei Mittel: den Stierkampf, das Verbrechen, den Sport und die Gerichtspflege.
Menschen miteinander gibt es nicht. Es gibt nur Menschen, die herrschen, und solche, die beherrscht werden. Doch hat noch niemand sich selber beherrscht; weil der opponierende Sklave immer mächtiger ist als der regierungssüchtige Herr. Jeder Mensch ist sich selber unterlegen.
Wenn der Mensch fühlt, dass er nicht mehr hinten hoch kann, wird er fromm und weise; er verzichtet dann auf die sauren Trauben der Welt. Dieses nennt man innere Einkehr. Die verschiedenen Altersstufen des Menschen halten einander für verschiedne Rassen: Alte haben gewöhnlich vergessen, dass sie jung gewesen sind, oder sie vergessen, dass sie alt sind, und Junge begreifen nie, dass sie alt werden können.
Der Mensch möchte nicht gern sterben, weil er nicht weiß, was dann kommt. Bildet er sich ein, es zu wissen, dann möchte er es auch nicht gern; weil er das Alte noch ein wenig mitmachen will. Ein wenig heißt hier: ewig.
Im übrigen ist der Mensch ein Lebewesen, das klopft, schlechte Musik macht und seinen Hund bellen lässt. Manchmal gibt er auch Ruhe, aber dann ist er tot.
Neben den Menschen gibt es noch Sachsen und Amerikaner, aber die haben wir noch nicht gehabt und bekommen Zoologie erst in der nächsten Klasse.
Ich werde mal wieder dort in Berlin-Moabit vorbeischaun, wo er geboren wurde. Vielleicht hat sich ja dort endlich was getan.

LG
Leonessa
Köstlich - und so wahr. Das hätte er heute geschrieben haben können. Einige Dinge ändern sich wohl nie. Da fällt mir das Vorwort aus dem Gedichtsband Erich Kästners "Wer nicht hören will, muss lesen" ein. In der ersten Auflage schrieb er: "Die Dummheit bleibt, doch die Dummheiten ändern sich". In einer späteren Auflage schrieb er dann: "Vor 15 Jahren habe ich geschrieben 'Die Dummheit bleibt, doch die Dummheiten ändern sich', ich muss mich verbessern, auch die Dummheiten sind die alten geblieben".

Gruß
Felix

Jakobs_Weg
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Re: Urlaub Sharm el Sheik ....

Beitrag von Jakobs_Weg » 19.12.2012, 19:00

Auch ich verehre Tucho und Kästner! :)
LG, Jakobs_Weg

Nein, nicht alle Orientalen sind Beznesser!

felixhenn
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Re: Urlaub Sharm el Sheik ....

Beitrag von felixhenn » 19.12.2012, 21:52

Jakobs_Weg hat geschrieben:Auch ich verehre Tucho und Kästner! :)
Hier ist eines meiner Lieblingsgedichte von Kästner:

Vorstadtstraßen, Erich Kästner (1932)

Mit solchen Straßen bin ich gut bekannt.
Sie fangen an, als wären sie zu Ende.
Trinkt Magermilch! steht groß an einer Wand,
als ob sich das hier nicht von selbst verstände.

Es riecht nach Fisch, Kartoffeln und Benzin.
In diesen Straßen dürfte niemand wohnen.
Ein Fenster schielt durch schräge Jalousien.
Und welke Blumen blühn auf den Balkonen.

Die Häuser bilden Tag und Nacht Spalier
und haben keine weitern Interessen.
Seit hundert Jahren warten sie nun hier.
Auf wen sie warten, haben sie vergessen.

Die Nacht fällt wie ein großes altes Tuch,
von Licht durchlöchert, auf die grauen Mauern.
Ein paar Laternen gehen zu Besuch,
und vor den Kellern sieht man Katzen kauern.

Die Häuser sind so traurig und so krank,
weil sie die Armut auf den Straßen trafen.
Aus einem Hof dringt ganz von ferne Zank.
Dann decken sich die Fenster zu und schlafen.

So sieht die Welt in tausend Städten aus!
Und keiner weiß, wohin die Straßen zielen.
An jeder zweiten Ecke steht ein Haus.
in dem sie Skat und Pianola spielen.

Ein Mann mit Sorgen geigt aus dritter Hand.
Ein Tisch fällt um. Die Wirtin holt den Besen.
Trinkt Magermilch! steht groß an einer Wand.
Doch in der Nacht kann das ja niemand lesen.


Leider entwickeln wir uns wieder zu solchen Zeiten hin. Diesmal halt nur mit Flachbild-TV und PlayStation. Aber nicht den Kopf hängen lassen und dazu nochmal Kästner lesen:

Wird's besser? Wird's schlimmer? fragt man alljährlich.
Seien wir ehrlich: Leben ist immer lebensgefährlich!

Gruß
Felix

Jakobs_Weg
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Re: Urlaub Sharm el Sheik ....

Beitrag von Jakobs_Weg » 19.12.2012, 22:02

Sehr berührend! Vielen Dank!
LG, Jakobs_Weg

Nein, nicht alle Orientalen sind Beznesser!

Jakobs_Weg
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Re: Tucholsky und andere Lebensweisheiten

Beitrag von Jakobs_Weg » 19.12.2012, 22:35

Danke für's Abtrennen, liebe Amely!

Darüber freue ich mich sehr!
LG, Jakobs_Weg

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felixhenn
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Re: Tucholsky und andere Lebensweisheiten

Beitrag von felixhenn » 19.12.2012, 23:26

Jakobs_Weg hat geschrieben:Danke für's Abtrennen, liebe Amely!

Darüber freue ich mich sehr!
Ich freue mich auch, hatte an der anderen Stelle wirklich nicht gepasst. Aber manchmal sprudelt es einfach raus, auch wenn es die falsche Stelle ist. Und dann kommt das eine zum anderen.

Gruß
Felix

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Re: Tucholsky und andere Lebensweisheiten

Beitrag von Jakobs_Weg » 20.12.2012, 09:09

Weil es - leider auch heute noch - zu viele arme Kinder gibt:

Weihnachtslied, chemisch gereinigt von Erich Kästner, 1927

Morgen, Kinder, wird’s nichts geben!
Nur wer hat, kriegt noch geschenkt.
Mutter schenkte Euch das Leben.
Das genügt, wenn man’s bedenkt.
Einmal kommt auch eure Zeit.
Morgen ist’s noch nicht soweit.

Doch ihr dürft nicht traurig werden.
Reiche haben Armut gern.
Gänsebraten macht Beschwerden.
Puppen sind nicht mehr modern.
Morgen kommt der Weihnachtsmann.
Allerdings nur nebenan.

Lauft ein bisschen durch die Straßen!
Dort gibt’s Weihnachtsfest genug.
Christentum, vom Turm geblasen,
macht die kleinsten Kinder klug.
Kopf gut schütteln vor Gebrauch!
Ohne Christbaum geht es auch.

Tannengrün mit Osrambirnen –
Lernt drauf pfeifen! Werdet stolz!
Reißt die Bretter von den Stirnen,
denn im Ofen fehlt’s an Holz!
Stille Nacht und heil’ge Nacht –
Weint, wenn’s geht, nicht! Sondern lacht!

Morgen, Kinder, wird’s nichts geben!
Wer nichts kriegt, der kriegt Geduld!
Morgen, Kinder, lernt fürs Leben!
Gott ist nicht allein dran schuld.
Gottes Güte reicht so weit …
Ach, du liebe Weihnachtszeit!

Quelle: Kästner für Erwachsene, © Atrium Verlag, Zürich 1966, S.35
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Nein, nicht alle Orientalen sind Beznesser!

Jakobs_Weg
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Re: Tucholsky und andere Lebensweisheiten

Beitrag von Jakobs_Weg » 20.12.2012, 13:10

Och, ist das süß!
Danke, Dagmar!


Der Weihnachtsabend eines Kellners

Aller Welt dreht er den Rücken,
und sein Blick geht zu Protest.
Und dann murmelt er beim Bücken:
"Ach, du liebes Weihnachtsfest!"

Im Lokal sind nur zwei Kunden.
(Fröhlich sehn die auch nicht aus.)
Und der Kellner zählt die Stunden.
Doch er darf noch nicht nach Haus.

Denn vielleicht kommt doch noch einer,
welcher keinen Christbaum hat,
und allein ist wie sonst keiner
in der feierlichen Stadt.

Dann schon lieber Kellner bleiben
und zur Nacht nach Hause gehn,
als jetzt durch die Straßen treiben
und vor fremden Fenstern stehn.

Erich Kästner
LG, Jakobs_Weg

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sita
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Re: Tucholsky und andere Lebensweisheiten

Beitrag von sita » 20.12.2012, 18:39

Ihr Lieben

Wo wir, manche es doch mit der besagten Ehre zu tun hatten:





Die Ehre dieser Welt


Es kann die Ehre dieser Welt
Dir keine Ehre geben,
Was dich in Wahrheit hebt und hält,
Muss in dir selber leben.

Wenn's deinem Innersten gebricht
An echten Stolzes Stütze,
Ob dann die Welt dir Beifall spricht,
Ist all dir wenig nütze.

Das flücht'ge Lob, des Tages Ruhm
Magst du dem Eitlen gönnen;
Das aber sei dein Heiligtum:
Vor dir bestehen können.
Theodor Fontane


LG
sita(hab8)
Liebe Grüße
sita


Es ist einfacher die Leute zu täuschen, als sie davon zu überzeugen, dass sie getäuscht wurden.


Mark Twain

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