Hi babette,
ich meine, es kann sein, dass du dir zuviele Gedanken darüber machst, ob seine Zurückhaltung kultureller Natur ist.
Der ist seit dreißig Jahren hier.
Die Eltern sind tot.
Es ist ja nun nicht so, dass wir Dinge vorgelebt bekommen und die selbst nicht hinterfragen könnten.
Dafür sind wir denkende Menschen und wir sind in der Lage, zu denken, dass wir dies oder das falsch fanden, was unsere Eltern gemacht haben.
Es ist ja nicht für alle Ewigkeit in Stein gemeißelt, was uns da mal für richtig verkauft wurde.
Ich kann mir eher vorstellen, dass es ganz menschliche Gründe hat, warum er so ist.
Du sagst, von seiner Ehe war er enttäuscht.
Vielleicht hat er aufrichtig geliebt und hadert mit dieser "Niederlage".
Nicht in dem Sinne, dass er noch an seiner Exfrau hängt, eher dahingehend, dass, wenn er "Bilanz aus seinem Lebens zieht", nicht glücklich damit ist, wie es ist.
Vielleicht will er auch nicht nach drei Monaten dort jemanden "präsentieren", von dem er nicht weiß, was daraus wird.
In dem Alter hat jeder sein Päckchen zu tragen.
Hat sich Eigenschaften angeeignet, die man nur dann versteht, wenn man sich mit der Gesxhichte desjenigen etwas beschäftigt.
Du ja auch, du bist auch vorsichtig und hinterfragst halt vieles.
Man könnte das (wenn man es bösartig sehen wollte) auch als Klammern oder grundsätzliches Misstrauen gegen Männer sehen, aber mit deiner Vorgeschichte wird es verständlich und nachvollziehbar.
Ich denke, es würde euch beiden nicht schaden, einfach darüber zu sprechen.
Man muss ja keinen Druck aufbauen, aber man kann fragen, wohin das eigentlich führen soll.
Du kannst sagen, was du dir wünschen würdest, nicht sofort, aber für die Zukunft und dann checken, ob sich das deckt.
Vielleicht denkt er das genau umgekehrt: "Ich will jetzt nicht schon wieder in was investieren und dann wieder auf die Nase fallen und von vorn beginnen, daher besser erst abwartend anschauen."
Ich finde jedenfalls, es hört sich nicht besorgniserregend an, auch diese "speziell muslimischen" Dinge.
Selbst WENN er damals gern gesehen hätte, dass seine Frau Kopftuch trägt...
Ich traue Menschen durchaus zu, dass sie einsehen können, dass auch die eigene Pedanterie zum Scheitern einer Beziehung führen kann und dass es dann wichtiger wird, dass man eine funktionierende Partnerschaft pflegt, statt ewig auf seinen Prinzipien herumzureiten.
Aber das wissen wir hier alle nicht, das kannst du nur mit Reden und Geduld herausfinden und du musst selbst wissen, ob er es dir Wert ist, diese Geduld aufzubringen und bezüglich des Redens über deinen Schatten zu springen.
Ich wünsche dir jedenfalls, dass es gut ausgeht.