Beitrag
von Mignon » 24.07.2015, 11:48
Liebe Amenta,
danke, dass du so ausführlich geantwortet hast. Ich verstehe jetzt, wo der Hase im Pfeffer liegt.
In Deutschland rede ich auch mit Taxifahrern, frage wie das Geschäft läuft oder mache anderen Small Talk. Erzähl aber nichts von mir persönlich und schon gar nicht würde ich tolerieren, dass der Taxifahrer seine Probleme bei mir ablädt. (Bei solch übergriffigem Verhalten gäbe es nämlich KEIN Trinkgeld.) Bei ausländischen Taxifahrern frage ich auch schon mal, wo sie herkommen, seit wann sie in Deutschland sind und höre zu, wenn sie von ihren Erfahrungen berichten. Ich würde aber nicht versuchen, mit einem türkischen Taxifahrer in Deutschland Türkisch zu sprechen, das kommt mir anbiedernd vor. Dafür finden sich sicher türkischsprachige Kommilitonen/Kollegen. Ich gehe auch davon aus, dass ich als Fahrgast entscheide, ob überhaupt gesprochen wird und wenn ja, worüber.
Das Beispiel mit dem todkranken Baby hast du vielleicht nicht verstanden: Der Taxifahrer hatte, jede Wette, KEIN krankes Baby. Er wollte aus einer blöden Ausländerin Geld rausleiern, das war alles. Bei einer Einheimischen wäre er niemals auf diese Idee gekommen!
Interkulturelle Kompetenz heißt nicht, jeden Menschen in jeder Situation wie meinen Kumpel zu behandeln. Ich verstehe unter interkultureller Kompetenz etwas ganz anderes: Ich schaue mir in fremden Ländern an, wie sich Einheimische meines Geschlechtes und Alters, die auch meiner sozialen Schicht angehören, verhalten. Das ist dann die Richtschnur. Man muss das nicht 100% kopieren, aber man weiß dann, was als angemessen betrachtet wird, und bekommt ein Gefühl dafür, wie stark abweichendes Verhalten ankommt. (Ist es in einem Land Sitte, dass Männer und Frauen einander nicht die Hand geben, dann strecke ich z.B. keinem Mann die Hand entgegen. Und schon gar nicht falle ich ihm um den Hals!) Ich kann dir auch versichern, dass in den ausländischen Haushalten in Pakistan besonders viel bei denen geklaut wird, die mit ihrem Hauspersonal allzu viel rumkumpeln. Da geht dann der Respekt verloren. (Die Kehrseite der Medaille ist, dass man für sein Personal Verantwortung übernimmt und ihnen bei - echter - Krankheit und in Notsituationen hilft.)
Das, was deine Professorin erzählt, halte ich für latent rassistisch. Es klingt für mich so, dass wir Deutschen uns aus Mildtätigkeit mehr mit den armen Ausländern beschäftigen sollten. Finde ich schräg. Und offensichtlich vertritt sie eine Ausprägung der Interkulturellen Didaktik, die uns ein permanent schlechtes Gewissen einredet. (Dass im Verhältnis Industrieländer und Entwicklungsländer einiges im Argen liegt, ist eine andere Sache. Das ändere ich aber nicht, indem ich z.B. mit einem tunesischen Kellner ins Bett gehe.) Dein Beispiel mit dem Milch aus der Küche holen, ist so ein Beispiel. Das ist nun mal der Job des Personals. Man darf im Gegensatz zu den meisten Einheimischen ruhig Bitte und Danke sagen. Aber selbst in die Küche gehen? Never ever. Das wird man dir auch nicht als Freundlichkeit auslegen, sondern als Zeichen deines geringen Status.
Lern mal, dich abzugrenzen, und hab mehr Respekt vor dir selbst.
Alles Gute!