Beitrag
von heartbeat » 17.12.2010, 00:15
Guten Abend, liebe Mishmish,
ich habe hier seit Eröffnung des Threads mitgelesen, allerdings - außer Deinem Eingangspost - die ersten Beiträge nicht mehr in allen Details präsent und auch nicht die Zeit, alles nochmal zu lesen.
Die heutigen Posts habe ich eben alle gelesen.
Liebe Mishmish - Du hast Deinen Thread überschrieben mit dem Wort "Gefühlschaos".
Dazu hast Du um Meinungen gebeten in einem Forum gegen Bezness.
Ich bin jetzt fast 62 Jahre alt, habe ein unglaublich abenteuerliches, buntes Leben hinter mir - im In- und Ausland - mit unzähligen Begegnungen mit fremden Kulturen, mit diversen Beziehungen zu/Ehe mit Menschen aus anderen Kulturkreisen, teilweise auch mit anderer Religion.
Ich differenziere grundsätzlich, gehöre also nicht zu den Menschen, die alle in eine Schublade packen bzw. von einem Erlebnis mit einer Person auf alle Anderen aus diesem Kulturkeis schließe.
Trotzdem möchte ich Dir sagen, wie unendlich schwer und unendlich selten gut funktionerende, binationale Beziehungen - vor allem mit Nichteuropäern - sind/sein können. Ich kann darüber mittlerweile ein Buch schreiben, von -zig und -zig Fällen aus eigener Kenntnis - aus meinem eigenen Leben und Erleben!!!
Ich finde es auch reichlich pauschal, von einer einzigen gut funktionierenden Beziehung/Ehe auf die Möglichkeit hinzuweisen, dass man ja vielleicht die Glückliche ist, die doch mal "ein goldenes Sandkorn unter Millionen" findet. Das ist genau so, wie wenn man Dir raten würde, Dein gesamtes Vermögen am Roulette-Tisch auf eine einzige Zahl zu setzen - denn schließlich beinhaltet es ja auch die 1: X - Chance, evtl. zu gewinnen, während schon rein rechnerisch Tausende Chancen, zu verlieren, dagegen stehen.
Und ich denke, dass Du das auch weißt, sonst würdest Du Dich sicher nicht für die Meinungen/Kommentare der erfahrenen Userinnnen ausgerechnet in einem Forum gegen Bezness interessieren.
Aus anderen Threads wirst Du ja auch das, was hier die lange schreibenden Userinnen aufgrund ihrer Erfahrungen hier in einem Fall wie Deinem raten, schon kennen - das heißt, dass Du sicher darauf gefasst warst, hier überwiegend "Warnungen" zu hören. Aber OBWOHL Dir die Gründe für die Warnungen aus anderen Threads schon bekannt sein müssen, war es Dir wichtig, zu Deiner ganz persönlichen Situation die zu erwartenden Stellungnahmen zu hören. Du hast also wohl auch (berechtigte) Zweifel - die ja ein (Gefühls-)chaos ja auch beinhalten kann...?!
Und dass Du Deine Fragen hier gepostet hast, obwohl Du eigentlich ja ziemlich sicher davon ausgehen musstest, dass zu Deiner "Geschichte" sich viele warnende Stimmen melden würden, zeigt mir nur eins:
Du selbst musst schon ein Bauchgefühl haben, das Dich warnt, sonst hättest Du nicht hier geschrieben!?!
Und vielleicht willst Du einfach nur Unterstützung, dieses warnende Bauchgefühl zuzulassen (statt es mit "no risk, no fun"-Agrumenten vom Tisch zu wischen) und dann die für Dich richtige Entscheidung zu treffen.
Ich kann Dir nur aus vielen Erfahrungen sagen: "Risk" ist viel dabei - und ob "Fun" dabei herauskommt...? Sehr unwahrscheinlich! Siehe obiges Roulette-Tisch Beispiel!!!!
Wenn Du mal - aus jungem Übermut und Abenteuerlust alles verloren hast (meistens seelisch und materiell, dazu wertvolle Lebenszeit), geht es Dir wie dem Roulettespieler, der leichtfertig meinte, alles gewinnen zu können und dabei, wohl wissend um seine geringen Gewinnchancen, doch alles (oder sehr viel) verlor!
Nein, liebe Ohje, ich sehe es - AUS GUTEN GRÜNDEN - nicht so wie Du!
Ich stimme Dir zwar zu: Jeder muss nätürlich für sich entscheiden, was er wann, wo und wieviel davon - auf sich nehmen will. Auch Mishmish wird dies tun! NUR sie entscheidet für sich!
Aber - für mich liegt ein gravierender Unterschied darin, ob man mal in irgendeinem Forum über Vor- und Nachteile binationaler Beziehungen plaudert (solche Foren gibt es zur genüge und es bleibt Jedem unbenommen, dort zu plaudern) oder ob sich jemand in einem "Forum gegen Bezness" äußert - vielleicht um das schon vorhandene Bauchgefühl noch einmal bekräftigt zu bekommen.
Ich habe da Mishmishs Anfrage viel ernster verstanden, und eine ernste Anfrage verdient ganz ernste, verantwortungsvolle Antworten! Ich kann eben NICHT sagen: Verspiel ruhig Dein ganzes Vermögen, ich habe nämlich von EINEM Fall gehört (von Tausenden), der beim Roulette einen ganz großen Gewinn gemacht hat.
Ich finde es ja sehr schön, wenn eine binationale Beziehung gut funktioniert und wie Deine sich für Dich überwiegend positiv anfühlt (tat meine "beznessfreie" in den ersten Jahren auch!). Ich finde es auch legitim, dies mal zu erwähnen.
Doch die Gründe, die GEGEN ein Funktionieren sprechen können, NICHT immer wieder zu erwähnen, DAS wäre mMn absolut fahrlässig und an den (auch statistischen) Tatsachen vorbei geredet!
Denn Mishmish hat ja nicht gefragt: Welche Gründe sprechen für eine Beziehung mit diesem Ägypter? Ich will nur Positives hören!
Sie HAT IN EINEM FORUM GEGEN BEZNESS von GEFÜHLSCHAOS berichtet!!! Ohje!
Nun aber nochmal direkt an Dich, liebe Mishmish:
Meine beiden Söhne stammen aus einer binationalen Verbindung ohne Bezness (!) und mit anfangs viel Liebe und gutem Willen (die, wie wir glaubten - beide damals schon reifere Menschen - alle Schwierigkeiten überwinden würden). Nein! Liebe und guter Wille haben eben langfristig NICHT ausgereicht!
Der Vater meiner Kinder war sehr gebildet, charmant, weltoffen - alles schien zu passen. Er lebte schon mehrere Jahre in D, sprach die Sprache perfekt, "schien" bestens integriert, hatte eine sehr gute, auch sehr gut bezahlte Arbeit.
Trotzdem endete der Traum in einer "Katastrophe", wie man sie in den Sensationsmedien manchmal lesen kann. Hauptgrund: letztlich immer wieder der andere kulturelle Hintergrund, das Verinnerlicht-Haben anderer Werte- und Lebensvorstellungen.
Alles, was da zu Anfang sehr "spannend" war, wurde zunehmend anstrengender, lästiger, quälend und mündete in "Verbiegungs-Erwartungen", die - um der Liebe und des Friedens und der (vermeintlichen) Rettung der mal so gut und mit vielen Gesprächen begonnenen Beziehung willen - mehr oder weniger dann doch immer einseitiger eingefordert und erfüllt wurden - bis es nicht mehr ging.
Diese Verbiegungs-Erwartungen wurden nicht etwa offen eingefordert - nein, sie waren dem Einforderer großenteils nicht einmal bewusst - weil er aus seiner Sozialisation heraus bestimmte Verhaltensweisen als gegeben voraussetzte. Immer öfter kam es dann zu großen Diskussionen und immer heftigeren Auseinandersetzungen - einzig und allein aufgrund unserer unterschiedlichen kulturellen Hintergründe.
Ich habe da schließlich ungeahnt Furchtbares erleben müssen, zusammen mit meinen Kindern.
Und selbst wenn ich jetzt im Nachhinein sagen könnte, dass das Durchleben der schrecklichen Ereignisse mich vielleicht "stärker" gemacht hat, so hat es doch ohne Zweifel meinen Kindern sehr sehr geschadet - und DAS ist nie wieder gut zu machen!
Solcherlei möglicher Folgen sollte sich Jede/r bewusst sein, die/der eine binationale Beziehung/Ehe eingeht!!!!!!!!!
Viel später in meinem Leben hatte ich dann noch eine Erfahrung mit Bezness (Ehe; der Mann war praktizierender Christ, katholisch), die mich viel von meiner seelischen und körperlichen Gesundheit gekostet hat. Extrem viel!Und wertvolle Lebenszeit!
"Fremde Kulturen" sind wohl mein "Lebensthema", denn ihre Menschen haben mich mein ganzes Leben lang begleitet, und werden es wohl auch bis zu meinem letzten Atemzug tun. Man kann unendlich viel im Umgang mit der Vielfalt auf dieser Erde lernen - und davon würde ich niemandem abraten!
Aber nach diesem bis jetzt so reichen Leben würde ich IMMER auf die extremen Schwierigkeiten aufmerksam machen wollen, die in der Regel eine binationale Beziehung mit sich bringt, auch wenn kein "Bezness" im Spiel ist.
Liebe Grüße
und viel Erfolg beim Lernen, MIshmish!
Heartbeat
Bedenke: Nicht zu bekommen, was man will, ist manchmal ein großer Glücksfall! Dalai Lama