Jenseits der hormonellen/chemischen Aspekte der Verliebtheit gibt es, aus meiner Sicht, der Aspekt der Akzeptanz in der Familie und Gesellschaft. Was ich damit sagen möchte: Ich komme ursprünglich aus einer Familie die die Verliebtheit als unguten Ausnahmezustand betrachtet haben und mich dem entsprechend erzogen haben. Es wurde bei uns weder über Verliebtheit noch über die Liebe gesprochen... Höchstens hinter der vorgehaltenen Hand getuschelt.
So habe ich einen hübschen Mann geheiratet der mir sehr gefiel, und glaubte ihn zu lieben (Jahrzehnte und eine Scheidung später habe ich kapiert dass ich aus Passion geheiratet habe dafür habe ich ein wunderbares Kind bekommen

den ich ganz anders und erfolgreich erzogen habe

).
In unsere Familie gab es nur die Liebe zu den Eltern/Großeltern/Tanten/Onkeln/Neffen und Cousinen -
Liebe zu einem fremden Menschen gab es NICHT!
Man hatte standesgemäß zu heiraten und ich hatte eine Mesalliance, mit meiner Heirat, begangen. Aber ich wollte von meine Familie weg!
Diese Heirat hat auch andere gute Seiten gehabt: ich kam nach D und nach der Scheidung war der Vater meines Sohnes mein bester Freund - bis zu seinem Tod.
Wir kamen beide - obwohl im gleichen Land geboren und aufgewachsen - aus 2 unterschiedlichen Welten: er war Deutscher und ich nicht. Dadurch wurden wir auch unterschiedlich erzogen, er etwas liberaler als ich. Wir hatten beide Abi und gute Berufe.
Aber, wir hatten unterschiedliche Wurzeln und er war ein Mann und ich war und bin eine Frau.
Er versuchte ständig den Macho zu spielen und hielt nicht sonderlich viel von Treue und ich wollte eine richtige Partnerschaft in der Treue als oberstes Gebot gilt. Es summierten sich die berühmten Kleinigkeiten und ich reichte die Scheidung ein - nach 6 Jahren Ehe, mit einem kleinen Kind, in einem fremden Land.
Ich habe es gemeistert, mein Kind hat eigene Kinder und eine gutgehende Ehe.
Was ich nie geschafft habe war mich im Nachhinein zu verlieben, und täglich schon 3 X nicht. Eine Liebe habe ich erlebt und während dieser Zeit habe ich sehr viel über mich selbst gelernt - es gefiel Gott mir diesen wunderbaren Mann zu sich zu nehmen...
Von diesem meinem Hintergrund frage ich mich tatsächlich: Wie kann man sich in einen Menschen verlieben dessen Sprache man nicht spricht, dessen Wurzeln man nicht kennt?
Wie geht das: Im FB und Skype ein Gesicht zu sehen und zu glauben "... er ist die Liebe meines Lebens...", "... ich liebe ihn abgöttisch..." (brrr!) nachdem man/frau mit ihm paar Sätze mithilfe des Translators gewechselt hat?
Ich habe irgendwann mal etwas über Eskapismus als Ausdruck des modernen Narzissmus gelesen... Ich sollte das mal wieder lesen...